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336 H.. Europa unter Bouaparttschem Einfluß. Insel, welche General Mouton an der Spitze der Gardefüsiliere mit todesinn- thigcr Entschlossenheit behauptete, wofür er sich den Titel eines Grafen non Lobau verdiente, drängte sich die erschöpfte Masse der Krieger zusammen. „Cs läßt sich denken", heißt es bei Häusscr, „in welchem Zustande, abgeschnitten vom rechten Ufer des Stromes, zurückgewürfen vom linken, ohne Nahrung, ohne Munition, ohne Raum sich auszudehnen. Die ermatteten Truppen durchlebten zwei furchtbare Tage, bis die Verbindung mit dem rechten Ufer wieder gesichert und für die Bedürfnisse des Soldaten völlig gesorgt war. Um den Hunger zu stillen, schlachtete man Pferde ; den Durst löschten Viele mit dem dicken lehmigen Wasser der angcschwvllenen Donau, ans welcher Tausende von Leichen vorüber- schwammen. In dieser Lage, schrieb damals ein Augenzeuge, hätte vielleicht die ganze Armee sich ergeben für Brod, Salz und trinkbares Wasser". Bei einem energischen Angriff von Seiten der Oesterrcicher hätte die Insel mit Gewalt ge nommen werden können; aber der Name des Schlachtcnkaisers, versichert ein französischer Militär, übte aus die moralischen Kräfte des Erzherzogs eine un glaubliche Wirkung, eine Art von Bezauberung. Sein methodischer schwungloser Geist war für gewagte Unternehmungen nicht geschaffen. Dies wußte Napoleon aus Erfahrung und gründete darauf seine Berechnungen. Napoleon und Nach dem blutigen Ringen auf dem Marchfelde und den Leiden und An- KaÄ strengungen ans der Lobau war auf beiden Seiten die Erschöpfung so groß, daß man einige Wochen der Erholung und Stärkung bedurfte. Diese Wochen wurden von dem französischen Kaiser mit der ihm eigenen strategischen Genia lität ansgenutzt, während von Seiten des Erzherzogs Karl wenig geschah, um die Lage der Dinge zum Vortheile Oesterreichs zu wenden. Niemals hat sich Napoleon's persönliche Ucberlegcnheit, die Universalität seines Geistes, seine fruchtbare, anspornendc, überwachende Thätigkeit glänzender entfaltet als zu dieser Zeit. Mit der größten Umsicht und Raschheit wurden zweckmäßige An stalten zu einem neuen Uebergang getroffen, auf der Lobau und auf der rechten Stroinseite Vorräthe und Kriegsbedarf in Fülle angehäuft, neue Brücken erbaut und durch Wehre und Pfahlwerke gegen heranschwimincnde Brander gesichert, das Verpflcgungswcsen für Stadt und Heer in guten Gang gebracht, aus der Ferne frische Truppen herangezogen. Napoleon's Blick war ausschließlich auf die Ueberwindung der Oesterreicher durch eine Entscheidungsschlacht gerichtet. Alle übrigen Angelegenheiten, den Aufstand in Tirol, die Bewegung in Norddeutsch land, die Landung der Engländer auf Walcheren, schlug er sich aus dem Sinn und legte ihnen wenig Bedeutung bei. Sei erst die Hauptsache entschieden, meinte er, so würden alle Wühlereien, Insurrektionen, conspiratorische Umtriebe rasch vom Schauplatz verschwinden. Nicht wenig trug auch der zuversichtliche Ton seiner ersten Bulletins, der nur von Siegen und Erfolgen der französischen Waffen sprach und die erzherzogliche Strategie herabsetzte, dazu bei, die öffent liche Meinung wieder für ihn einzunehmen. Mit dieser geschäftigen Haltung