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320 ^ Europa unter Bouapartischem Einfluß. wurde es derselben erst jetzt möglich, sich aufs Engste mit Spanien zu verbinden, die Aufständischen mit Geld, Waffen und Kriegsvorräthcn zu unterstützen und den Boden der Halbinsel zu verthcidigcn als wäre es Englands eigenes Gebiet. Die revolutionäre Propaganda, welche so oft der französischen Regierung in die Hände gearbeitet, wurde jetzt von England gegen dieselbe ins Werk gesetzt. ^ninsuiam Erfreut, daß dem französischen Gebieter ein neuer mächtiger Feind erstanden, schkn Krieg«, leisteten die Engländer den Spaniern und Portugiesen kräftigen Vorschub und began nen dann, von den Eingebornen unterstützt, in der pyrenäischcn Halbinsel den ersten erfolgreichen Landkrieg wider ihre Gegner. Seitdem nahm der spanische Bürgerkrieg größere Dimensionen und den Charakter eines Volkskrieges und Prinzipienkampfcs an. Während der gebildete Theil der Nation der neuen Ordnung, die ein freies Staatsleben und politische Rechte gewährte, mehr zugethan war, als der absoluten Monarchie der alten Zeit und darum als „Josephinos" und „Afranzesados" an gefeindet wurde, war die große Waffe des Volks unempfänglich für die Güter der Revolution und wurde von den fanatischen Priestern, denen die kirchcnschänderischcn Nachbarn ein Gräuel waren, im glühendsten Franzosenhaß erhalten. „Ich habe Ur sache", schrieb Napoleon an Kaiser Alexander, „mit allen Persönlichkeiten von Rang, Vermögen und Bildung sehr zufrieden zu sein. Nur die Mönche, welche eine Aushe bung der Mißbräuche voraussehen, und die Agenten der Inquisition, welche das Ende ihrer Existenz fürchten, bringen das Land in Unruhe". Der Kampf nahm einen immer leidenschaftlicheren und heftigeren Charakter an und wurde den Franzosen um so ver derblicher, als ihnen die Feinde selten in offener Fcldschlacht cntgegentratcn, vielmehr einen ununterbrochenen Bandcnkrieg (Guerilla) führten und einzelne Abtheilungcn an ungünstigen Orten überfielen; und wie sehr auch Joseph, als er wieder nach Madrid zurückgeführt ward, sich bemühte, durch eine verständige, gemäßigte und freisinnige Regierung die Spanier für die neue Verfassung zu gewinnen — die Junten, die nach vielen Streitigkeiten sich zur Bildung einer Centralgewalt in Sevilla vereinigten, er langten trotz ihrer Zwietracht beim Volke mehr Macht und Ansehen, besonders als der französische Gewalthaber ohne Rücksicht auf die königliche Würde und Ehre seines Bru ders ganz eigenmächtig über Spanien und die Armee schaltete und somit die pyrenäischc Halbinsel von Frankreich abhängig machen wollte. Napolcon's Heere hielten zwar das königliche Regiment in Madrid aufrecht, aber die revolutionäre, in Ferdinand's Namen handelnde Regierung der Junten hatte ihre Stärke im Bolksgcist und in dm Sympa thien der fremden Nationen, die durch Wort und That zur Abschüttclung der fran zösischen Zwingherrschaft ermunterten. Doch wäre bei der innern Zwietracht und dem angccrbtcn Haß der einzelnen Provinzen und Junten zuletzt Napoleon wohl Sieger ge blieben, hätte nicht seine unersättliche Herrschbcgierde ihn zu gleicher Zeit in andere Kriege verwickelt und wären nicht die Armeen der Engländer den Insurgenten zu Hülfe gekommen. Uebrigens war die Anarchie, die während des Krieges sich über die Halb insel lagerte, den Spaniern mehr förderlich als nachthcilig, denn bei dem Mangel aller Centralisation, einer gebieterischen Hauptstadt und einheitlichen Regierung mußte jede einzelne Stadt und Landschaft besonders erobert werden, was den Krieg ins End lose verlängerte. Der Widerstand wuchs mit den Niederlagen. Die aus Freiwilligen zusammengesetzten Heere ergänzten sich wieder nach jeder Schlacht, und wenn der Aus stand durch die französische Tapferkeit in Einer Provinz niedergeworfen war, loderte er mit desto größerer Gewalt in einer andern auf.