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318 Europa unter Bonapartischem Einfluß. beschuldigte, daß er die Fahne Frankreichs befleckt habe, wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und bis zur Restauration in Gefangenschaft gehalten; in vielen Schriftstücken wurde das Ercigniß von den Bctheiligtcn selbst und zeitgenössischen Historikern be leuchtet. Lanfrcy legt das ganze Unglück dem Kaiser zur Last, der den Einmarsch befohlen und den rechtzeitigen Rückzug über die Sierra Morena untersagt habe. „Alle diese Generale, welche das Glück der Waffen so grausam im Stich ließ", schließt er seine Darstellung, „trugen im Allgemeinen keine Schuld; sie hatten sich tapfer geschla gen, hatten eine ruhmwürdige Vergangenheit hinter sich, und man würde ihrem An denken Unrecht thun, wollte man ihnen zum Vorwurf machen, daß sie sich nicht lieber bis auf den letzten Mann tödten ließen, ehe sie die Bedingungen Castanos' annahmcn. Nur Ein Mensch wagte ihnen vorzuwerfen, daß sie nicht zu sterben gewußt". Auch Thiers, obwohl die strategischen Fehler der französischen Generale strenger beurthcilend, schließt seine Erzählung von den, Eindruck, den das Unglück von Bahlen auf den Kaiser machte, mit einer Betrachtung, aus der man erkennt, daß er darin ein höheres Strafgericht über menschliche Vermessenheit erblickt: „Der Schmerz der den Kaiser ergriff, die Demüthigung, die er durch die Beschimpfung der französischen Waffen empfand, die Ausbrüche des Zorns, denen er sich hingab, lassen sich nicht beschreiben. Die Erinne rung daran blieb im Gedächtnisse aller Derjenigen, die sich ihm damals naheten, tief eingegraben. Sein Grimm überstieg noch jenen, von dem er zu Boulognc erfaßt wurde, als er erfuhr, daß der Admiral Villcneuvc die Fahrt nach dem Kanal La Manche aufgegcben habe; denn zum Mißgeschick fügte sich diesmal Schmach, die erste, die einzige, die seinen glorreichen Fahnen zugefügt worden. Karl IV., Ferdinand VII. waren gerächt. Die frommen Seelen haben in allen Jahrhunderten geglaubt, daß cs jenseits dieses Lebens eine Vergeltung des Guten und Bösen gebe, und die Weisen haben diesen Glauben als übereinstimmend mit dem allgemeinen Weltplane erkannt. Es gibt aber eine Wahrnehmung, welche die tiefen Beobachter gleichfalls gemacht haben, daß cs nämlich schon in diesem Leben eine gewisse Vergeltung des Guten und Bösen gebe. Wer dem gesunden Verstände, der Vernunft und Gerechtigkeit untreu wird, der findet schon hicnieden eine verdiente und erste Züchtigung. Gott hat sich ohne Zweifel Vorbehalten, anderswo die Rechnung zu schließen, die für die Gebieter großer Reiche, wie für den geringsten Hirten eröffnet ist". Eindruck in Die Kunde von der Katastrophe von Bahlen erfüllte die Herzen der Spa- nier in demselben Grade mit Muth, Begeisterung und patriotischem Wetteifer, wie sie die königliche Partei erschreckte und niederbeugte. Die Höflinge, Beamten. Dienerschaften, die den gekrönten Bonaparte während seiner achttägigen Herr lichkeit umgeben hatten. verließen das Schloß, „als ob cs ein Pesthaus wäre". Selbst der Minister Jovellanos ergriff die Partei der Insurgenten. In Madrid erregten die Gerüchte von dem Anzuge Lastanos' und die Vorboten eines Aus standes solche Bestürzung, daß auch König Joseph beschloß, durch die Flucht ^ Amaug nach dem Norden seines Reiches, nach Burgos und Miranda. seine Person in Sicherheit zu bringen; die französische Armee zog sich auf den Ebro zurück, um neue Verstärkungen abzuwarten. Die Proviuzial-Juntcn schickten Abgeord nete nach Madrid. um in der Hauptstadt eine Central-Rcgierung für das ge summte Reich zu begründen. Florida Bianca, der achtzigjährige ehemalige Minister, rief, zum Präsidenten erwählt, vom Balcon des königlichen Schlosses 2s. Sept. abermals Ferdinand VII. als rechtmäßigen König aus unter dem Jubel des