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III. Die Jahre der Napoleoni scheu Weltherrschaft. 309 schrieb der Kaiser demselben Minister, der von Anfang an sich bedenklich und >r.M->i »E. widerrathend über die Plane Napoleon's ausgesprochen, „die spanischen Angele genheiten stehen gut und werden sehr bald vollständig zu Ende geführt sein". Karl IV., die Königin und der Friedensfürst nahmen nach einem vorüber gehenden Aufenthalt in Compiegne ihren Wohnsitz in Rom, Ivo der ehemalige „Kaiser der beiden Indien" rühmlos und vergessen im Jahr 1819 starb. Und warum sollte nicht der französische Kaiser in der pyrenäischen Halb- insel dieselben Resultate erzielen wie in der apenninische»? War er doch in den Augen aller derer, welche der Schmach des entarteten Absolutismus zu entrinnen, durch Reform der staatlichen und gesellschaftlichen Zustände ein menschenwür diges Dasein zu erringen strebten, noch immer „der große Bahnbrecher neuer Lebensformen, der Vollstrecker des revolutionären Gottesurthcils an dem alten Europa!" Der Fleiß und die Sorgfalt, womit er die Gebrechen und Wunden der öffentlichen Dinge in Spanien erforschte, sich über die Zustände der Marine, des Heeres, der Finanzen, der Industrie, durch eingehende Berichte sachkundiger Beobachter zu unterrichten beflissen war, konnten als Beweise dienen, daß er die spanische Nation zu neuem Leben erwecken, dic Fäulniß, die ein vicljährigcs Regiment der Unfähigkeit und Schmach dem ganzen Staatskörpcr cingeflößt, heilen wolle, daß er die Absicht habe, die tückische Gcwaltthat von Bayoune durch Wohlthaten gegen das Land in Vergessenheit zu bringen, mit kräftiger Hand in das unübersehbare Chaos einzugreifen und dem schwer geprüften Volke Ordnung und Wohlstand zurückzugeben. Auch fehlte es nicht an einsichtsvolle» Männern, die der Ansicht waren, man müsse sich in das Unvermeidliche fügen und Mitwirken an der Wiedergeburt der Nation auf neuen staatlichen und socialen Grundlagen. Jener Urquijo, der einst so sehr die Reise Fcrdinand's »ach Ba- yonne Widerrathen, einer der geachtetsten Patrioten, meinte jetzt, nachdem der Schicksalsschlag gefallen sei, solle man durch Gesetze und Staatsverträge das innere Gedeihen sichern und dem Lande die ihm gebührende Stellung in Europa zurückgeben. Die Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts war auch in Spa nien nicht ganz spurlos vorübergcgangen: unter den Gebildeten huldigten viele den neuen Idee». Selbst bei den Behörden zeigte sich wenig Widerstand, als Napoleon durch Alurat die Stimmung ausforschcn ließ, welches Glied der Bo- napartischen Familie die meisten Sympathien hätte, und ihre Aufmerksamkeit auf König Joseph lenkte. Bei der Regierungsjunta, bei dem Rath von Castilien, dem höchsten Tribunal des Reichs, bei dem Stadtrathe von Madrid trat die Ansicht hervor, eine Erneuerung des „Familienpaktes", wie er einst in der Bour- bon'schcn Zeit bestanden, sei für beide Reiche vorthcilhaft. Die Erhebung Joseph's auf den spanischen Königsthron unter Garantie der nationalen Selb ständigkeit, stieß auf keinen erheblichen Widerspruch. Die Wahl des ältesten der Brüder schien dem spanischen Stolze am meisten zuzusagen. Wie viele Ernie drigungen das Volk hatte ertragen müssen, die Erinnerung an die frühere Größe