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III. Die Jahre der Napolconischen Weltherrschaft. 245 gespannte Gewalt - und Willkürherrschaft des despotischen Imperators scheitern mußte. Freilich übte dabei auch England eine Zwingherrschaft, die der gegneri schen nicht nachstand; das Meer, die Colonialwelt und die Küstenländer wurden von dem seemächtigen Kaufmannstaat nicht minder gedrückt und vergewaltigt als die Staaten und Völker des Festlandes durch den französischen Machthaber. Auch England achtete nur das Recht, dem die Kraft der Selbstverthcidigung beiwohnte. Die Kleinen und Geringen mußten sich beugen oder untergehen. Das erwähnte verhängnißvolle Blokadedekret von Berlin (S. 228), das allen Verkehr mit England verbot und alle englischen Kaufmannsgüter wegzunehmen befahl, war der Anfang jenes berüchtigten Continentalsystems, welches das Handelsleben in das Raub- und Piratenwesen des Mittelalters zurückwarf, zuinal als ihm das britische Ministerium unter Portland, Canning, Castlcreagh die Verfügung ent gegensetzte , daß jedes neutrale Schiff, das aus einem Hafen Frankreichs oder seiner Verbündeten auslaufe, weggenommen werden dürfe. Während bei allen Eonfcrenzen und Verhandlungen von Recht, Frieden und Humanität gesprochen ward, herrschte in Wirklichkeit Gewalt, Krieg und Faustrecht. Der Fundamen talsatz des neuen Völkerrechts lautete: Der Schwache müsse sich dem Willen des Starken fügen. k. Die Vorgänge in Skandinavien. Die neue Politik der Gewalt, die mit gleicher Rücksichtslosigkeit und i..Gu,ra«iv Selbstsucht sowohl von den beiden kontinentalen Großmächten, wie von dcin-ch^d"" aristokratischen Seestaat in Anwendung gebracht ward, kam zunächst in Skan dinavien zu Tage. König Gustav IV. Adolf von Schweden hatte sich, wie uns bekannt, gleich Anfangs den Coalitionsmächten angeschlossen und in Pommern eine kriegerische Stellung genommen. Auch beiAusbruch des französisch-preußischen Krieges hatten die Schweden mit Hülfe der Verbündeten in Stralsund den Fran zosen tapfern Widerstand geleistet. War in dieser entschlossenen und standhaften Haltung des Königs Charakterstärke, Großmuth und Ehrgefühl zu erkennen, so zeigte doch bald sein grenzenloser Eigensinn und die gänzliche Mißkcnnung seiner Stellung und Kräfte, daß sein Geist sich in einem zerrütteten Zustande befände, daß der in der Familie Wasa erbliche Trotz und Starrsinn bei ihm zu einer krank haften Höhe gestiegen sei. Durchdrungen von der Heiligkeit der Königswürde versagte er dem durch das Schwert, nicht durch Gottes Gnade zum Beherrscher Frankreichs emporgestiegenen „General Bonaparte" den Kaisertitel; in religiöser Schwärmerei befangen, glaubte er sich von der Vorsehung berufen, die Bour bons wieder auf den Thron zurückzuführen, wie schon sein Vater geträumt hatte, und das apokalyptische Thier, das in Napoleon Menschengestalt angenom- '»en, zu stürzen. Französische Emigranten dienten unter seiner Fahne und be stärkten ihn in seinen Vorurthcilcn und Verkehrtheiten. Napoleon sprach in