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III. Die Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 237 Lager erschienen, um den Krieg energischer zu betreiben; am Wiener Hof, den Napo leon vergeblich bald durch Versprechungen, bald durch Drohungen zu einer Allianz zu bewegen suchte, gewann die Actionspartei immer mehr Boden, und man konnte bereits den von Volk und Heer stürmisch verlangten Eintritt Oesterreichs in den Kricgsbund gegen Napoleon in den Kreis der militärischen Berechnungen hereinziehcn; England, mit dem Preußen schon vorher (28. Januar) Friede geschloffen und sich zum Verzicht auf Hannover verstanden hatte, leistete Hülse an Geld und Waffen, wenn auch keines wegs freigiebig und reichlich genug. In Preußen traten in dieser Zeit die Männer der Apni isor. Haugwitz'schen Schule von den Geschäften ab, wie schwer es auch dem schwankenden und muthloscn König wurde, patriotische und energische Rathgeber in seine Umgebung zu ziehen. Der Kaiser von Rußland und die englische Regierung drangen mit Ent schiedenheit auf die Beseitigung von Staatsmännern, deren letzte politische Weisheit noch immer in der Aussöhnung mit Frankreich bestand. An Zastrow's Stelle übernahm Hardenberg aufs Neue die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und cs wuchs damit das allgemeine Vertrauen in den Ernst und die Energie der preußischen Politik. In dem Vertrage von Barten st ein erneuerten Preußen und Rußland den Kriegs-2«. April, bund und trafen Verabredungen über die Wiederherstellung des preußischen Staates in der früheren Macht und mit bessern militärischen Grenzen, über die Erhaltung des Gleichgewichtes der europäischen Staaten, über die Sicherung der Unabhängigkeit der deutschen Fürsten von der Napoleonischen Uebermacht, über Herstellung eines deutschen Födcrativsystems mit festen militärischen Grenzen, über eine Umgestaltung der italieni schen Verhältnisse, über eine dauernde Interessengemeinschaft zwischen Oesterreich und Preußen, über die Entschädigung der in die Coalition gegen Frankreich aufzunchmcnden Mächte, über Berthcilung der künftigen Eroberungen, kurz über eine neue Ordnung der europäischen Verhältnisse, die als Ziel eines großen Kriegsbundcs gegen Napoleon zu erstreben sei. England und Schweden traten den Grundsätzen dieses Vertrags bei, und auch aus Oesterreich konnte man bei dieser großen Combination bereits sicher rech nen, so schwankend und unzuverlässig auch bisher die Haltung der Wiener Regieruug gewesen. Zn Pommern sammelte sich mit englischer Unterstützung eine preußisch-schwe dische Armee, die freilich bei der matten Kriegführung der Stockholmer Regierung nicht im Stande war, Stralsund und die Insel Rügen gegen die Franzosen zu behaupten. 4) Schlacht bei Friedland und Friede von Tilsit. Ehe die große Koalition recht ins Leben treten konnte, änderten die Ereig- eaqe aufdnn nisse auf dem Kriegsschauplatz die ganze Sachlage. Napoleon hatte die Zeit, daKMgÄau-" die Kriegsopcrationen im wesentlichen auf die Belagerung von Danzig beschränkt waren, zur Erholung. Herstellung und Verstärkung seiner Armeen benutzt, drückende und rechtswidrige Aushebungen, welche die conscriptiouspflichtige Ju gend Frankreichs schon vor dem gesetzlichen Termin und ohne genügende Ausbil dung ins Feld riefen, zeugten von den schweren Verlusten in den letzten Schlach ten. Was irgendwo von Truppen abkömmlich war, strömte nach dem ostprcußi- schcn Kriegsschauplatz, wo jetzt über 200,000 Mann Franzosen. Polen, Italiener, Sachsen, Baiern unter Waffen standen, während das russisch - preußische Heer nicht viel mehr als die Hälfte zählte. Mit verstärkter Heftigkeit wurde im Juni der unterbrochene Krieg in der äußersten Grenzmark Preußens wieder ausgenom men. An der Passarge und Alle wurden blutige Treffen geliefert, als Bennigsen