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III. Die Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 229 Frankfurt geborgen wurden. Daß die Nemesis den Kurfürsten von Hessen, dessen Zweideutigkeit und Feigheit selbst in jener Zeit der Schmach allgemeinen Un willen erregt, so bald ereilt hatte, wurde überall mit Genugthuung vernommen. „Alle Menschen und wahrscheinlich auch die Engel im Himmel freuten sich, als er Geld, Land und Leute verlor, weil er an beiden Ufern fischen wollte", sagt Schlosser, der diese Ereignisse in nächster Nähe miterlebtc. Aehnlich ging es in Braunschweig. Gegen den unglücklichen, schwer ver-A»»» wundeten, des Augenlichts beraubten Herzog war Napoleon in unedelster Rach- gier entbrannt. Der preußische Oberfeldherr hatte sich nach der Auecstädtcr Schlacht in seine Hauptstadt bringen lassen, und dann, als er von hier ver trieben wurde, auf dänisches Gebiet, um in der Fremde ein friedliches Grab zu finden. Im folgenden Jahr starb er zu Ottensen bei Altona. Die Franzosen aber überschwemmten und mißhandelten das Herzogthum. Auch die andern norddeutschen Staaten entgingen nicht diesem Schicksal. Mecklenburg, Han nover, Oldenburg, das Münsterland, u. a. L. wurden beseht, Jever und Ostfricsland mit Holland verbunden, die Hansestädte Hamburg, Bremen, Lübeck durch Wegnahme aller englischen Waaren, durch Besatzungen und schwere Kriegsstcuern gedrückt, überall Schätze der Kunst und Wissenschaft weggcführt. In Hannover begrüßte man die Franzosen sogar als „Befreier", in der Hoffnung, im Frieden an England zurückgegebcn und in der alten Selb ständigkeit erhalten zu werden. Der wackere Herzog Karl August von Weimar W-im-r. hatte als preußischer General den Feldzug mitgemacht und dadurch Napoleons Unwillen erregt. Dennoch entging er für diesmal dem Strafgerichte der Lan- desentsetznng. Die würdevolle Haltung, in der die Herzogin dem Sieger ent- gegcntrat, und die Rücksicht aus das verwandte badische Haus, bewogen den Kaiser zu dem Ausspruch, wenn der Herzog die Armee verlasse und seine Truppen zurückbcrufe, solle ihm verziehen und seine Souveränetät erhalten werden. Aber freilich mußte die Gnade theuer genug erkauft werden. Auch der Kurfürst von Sachsen, dessen Truppen bei Jena mitgefochten, Sachsen, »fand Gnade vor dem gewaltigen Zwingherrn. Die kriegsgcfangenen Sachsen wurden unter Anerkennung ihrer tapfern Haltung gegen das Versprechen, nicht weiter wider Frankreich zu dienen, in Freiheit gesetzt und dem Lande ein verhält- nißmäßig günstiger Friede gewährt. Es war Napoleon darum zu thun, dem nie dergeworfenen Preußen alle Unterstützung zu entziehen und Friedrich August auf seine Seite zu bringen. Die langen Wochen, die bis zum Abschluß des Friedens verflossen, wurden aber doch auch in Sachsen zu den empörendsten Erpressungen Dc-b-. benutzt. Der Kurfürst, mit dem Königstitel geziert, trat dem Rheinbund bei und lieh seine Truppen zum französischen Heere stoßen. Seinem Beispiel folgten die kleinen thüringischen Staaten, Weimar, Gotha, Meiningen, Koburg. Seitdem fühlte sich König Friedrich August zu seinem und seines Volkes Unglück durch die Bande der Dankbarkeit an Napoleon gefesselt.