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III. Die Jahre der Napoleonischcn Weltherrschaft. 223 An demselben Tage und ganz in der Nähe erlitt auch die Hauptarmee unter bn dem Herzog von Braunschweig eine entscheidende Niederlage. Die Armee, gegen 50,000 Mann stark, vereinigte sich bei Auerstädt, in der Absicht, den Marsch nach der Unstrut sortzusetzcn. Man war auf starken Widerstand nicht gefaßt und ahnte nicht, daß ein ganzes französisches Armeecorps unter Davoust, der dann von Auerstädt den Herzogstitel empfing, im Wege stand und sich bereits der Saalübcrgängc bei Kosen versichert hatte. Zu spät erkannte man, daß man es nicht mit kleinen Abtheilungen, sondern einer starken Armee zu thun hatte. Die Preußische Vorhut, bei der Blücher mit einigen Reiterschwadronen sich befand, sah sich unerwartet überlegenen feindlichen Streitkräften gegenüber und wurde blutig zurückgeschlagen. Langsam und bruchstückweise erst trafen die übrigen Divisionen ein. Als die Preußen sich endlich stark genug glaubten und zum An griff schritten, entspann sich ein heißer Kampf uin das Dorf Hassenhauscn, das die Franzosen mit zäher Ausdauer vertheidigten, die Gegner in tapfcrm Sturm zu nehmen suchten. Das Ringen wogte auf und ab; allein das französische Feuer aus gedeckten Stellungen richtete immer empfindlicheren Schaden an. Der Herzog, Graf Schmettau, Müllcndorff und viele andere hohe Offiziere wurden auf den Tod verwundet; der König selbst nur mit Mühe dem Getümmel ent rissen. Der einheitliche Oberbefehl ging darüber ganz verloren, die Verwirrung nahm überhand; auch Prinz Wilhelm wurde verwundet, als er an der Spitze der Reiterei einen letzten tapfcrn Angriff machte. Die Division Oranicn, die zuletzt auf dem Schlachtfeld bei Hasscnhausen eingriff, kam zu spät, um den bereits entschiedenen Sieg den Franzosen streitig zu machen. Immer stoßweise in ungenügender Stärke gegen überlegene Stellungen vorgeschickt, furchtbar er schöpft und gelichtet, in Gefahr von dem übermächtigen Feind umgangen zu werden, entschloß sich auch die Hauptarmce zum Rückzug gen Weimar, und auch hier riß rasch eine Auflösung ein, die nicht Halt und Ziel inehr kannte. Bei Auerstädt sowohl als bei Jena haben die preußischen Truppen tapfer, selbst heldenmüthig gekämpft; zahlreiche Offiziere bis hinauf zu den Prinzen'»>-'»> und Feldmarschällen bluteten für die preußische Waffcnehre. und cs werden genug Züge von ritterlichem Soldatenmuth berichtet. Allein cs fehlrc der Ar meeführung an Uebersicht, an einem klaren und energisch fcstgchaltcnen Opcra- tionsplan, an dem sichern Blick für die Vortheile und Schwierigkeiten der natür lichen Lage, an Einheitlichkeit und Zusammenhalt, an Verständlich für die neuere Taktik, an der vorsichtigen Disposition für unerwartete Wendungen, und als einmal die Ueberlegenheit der französischen Heerführung sich unwiderleglich dar- gcthan, da riß auch sofort in der preußischen Armee durch alle Glieder die Ver zweiflung an der ferneren Widerstandsfähigkeit und die niederschmetternde Ah nung des unrettbaren Verderbens ein. Es war nicht eine einzelne verlorene Schlacht, was sich auf dem doppelten Kriegsthcater in Thüringen vollzog, son dern gleich mit Einem Schlage der Untergang des alte» Preußen, gegen den