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HI. Dic Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 221 gebildet, waren ohne Energie und Zuversicht, langsam, pedantisch und bedächtig, von der Unübcrtrefflichkcit des alten preußischen Kriegswesens überzeugt. Ober flächliche und großsprecherische Leute, wie der Oberst Massenbach, hatte» über Gebühr Einfluß im Hauptquartier. Während Napoleon schon an der Grenze stand, erging noch einmal ein preußisches Ultimatum, worin die unverzügliche n. «,pt. Räumung Süddeutschlands und dic ungehinderte Zulassung des norddeutschen Bundes gefordert war, sowie ein äußerst ungeschicktes, von Lombard verfaßtes Manifest, das der französischen Nation ein langes Sündenregister vorhielt und das Ueberniaß der Demüthigungen von Seiten Frankreichs aufzählte, damit aber auch unbewußt eine schneidende Anklageschrift gegen die preußische Politik selbst wurde. Die Sprache dieser Schriftstücke erbitterte den französischen Kaiser aufs Acußerste; er antwortete darauf in seinen Proklamationen und Bulletins in dem höhnischsten, prahlendstcn und gehässigsten Tone, der sich nicht einmal der unedelsten Ausfälle gegen die Königin Louise enthielt. Die preußischen Armeen hatten sich inzwischen in Thüringen, um Gotha, r«ff-nb-i Erfurt und Weimar, zusammengezogcn. Der schließlich nach unendlichen Be- rathungen und widerspruchsvollen Beschlüssen angenommene Operationsplan ging auf die Offensive, die der preußischen Armee allein würdig sei. Allein Napoleon kam in gewohnter Raschheit dem Angriff zuvor. Schon der erste , Zusammenstoß bei Schleiz bewies die Ueberlegenheit der Franzosen. Noch un- c>->. >«u« glücklicher war ein zweites Treffen am folgenden Tage. Bei Saalfeld gerieth die Vorhut des Hohenlohe'schen Corps unter dem tapfer» aber unbesonnenen und tollkühnen Prinzen Louis Ferdinand mit dem Marschall Lannes zusammen, und es entspann sich ein hitziges Treffen, das mit einer Niederlage der preußisch sächsischen Heeresabthcilung endete. Der Prinz selbst wurde im wilden Reiterge tümmel von einem feindlichen Husaren erstochen. Die Wirkung dieses unglücklichen Treffens auf die Stimmung der preußischen Armee war höchst niedcrdrückcnd; schon ahnte man in dem traurigen Ercigniß den Ausgang des ganzen Kriegs. „Prinz Louis", so schildert ihn der General Clauscwitz, „war der preußische Al- Prinz s-ui« cibiadcs. Er liebte das Leben und genoß es nur zu sehr, aber die Gefahr war ihm b»d»m>»>. zugleich ein Lebensbedürsniß. Sie war seine Jugendgespielin; konnte er sie nicht im Kriege aussuchm, so ging er ihr nach auf der Jagd, auf großen Strömen, auf tollen Pferden. Er war in hohem Grade geistreich, voll feiner Lebensbildung, voll Witz. Beredsamkeit und Talente mancher Art, unter andern für die Musik. Ein ungezügelter Lebensgenuß hatte in seine edlen Züge Spuren einer frühzeitigen Zerstörung getragen, * doch war nichts von gemeiner Sinnlichkeit zu finden, und sein Ausdruck war nicht, wie man glauben könnte, der eines vornehmen Wüstlings, weil sich in ihm zu viel große Ideen regten, und das innere Bedürsniß nach Ruhm und Größe, wie ein veredelnder Schein in sein Aeußcrcs trat. Die großen Ereignisse der Welt beschäftigten ihn eifrig; die neuen Ideen und Erscheinungen, von seinem lebhaften Geist angezogcn, rauschten durch seinen Kops; er spottete der Kleinlichkeit und Pedanterie, mit der man Großes thun wollte; er suchte den Umgang der ausgezeichnetsten Köpfe aller Fächer, aber es war in seinem Leben keine Stunde ernsten, ruhigen, selbstthätigen Nachdenkens, und