Volltext Seite (XML)
220 .4.. Europa unter Bouapartischem Einfluß. auf eine thatkräftige Waffenbrüderschaft dieser Mächte konnte Preußen zunächst wenigstens nicht rechnen, und entfaltete in der Gewinnung von Bundesge nossen auch nicht einmal den Eifer, der in seiner bedrängten Situation unbedingt geboten war. Zwischen Preußen und England vollzog sich zwar in demselben Maße, wie die Spannung zwischen Berlin und Paris zunahm, eine Annähe rung; die Handelsfeindseligkciten wurden allmählig eingestellt; allein die Frage der Restitution Hannovers machte Schwierigkeiten und die kriegerischen Ereignisse kamen einer englisch-preußischen Allianz zuvor. Der Kaiser von Rußland war freigebig mit Versprechungen und setzte sich auch in Kriegsbereitschaft; aber auf Hülfe bei der ersten Entscheivung war doch auch von dieser Seite nicht zu rechnen. Die Feindseligkeiten mit Schweden wurden leicht beigelegt, allein auch damit gewann Preußen nicht gar viel. Der deutsche Unionsplan endlich, der im Falle der Verwirklichung Preußen die Unterstützung der norddeutschen Fürsten hätte bieten können, ja selbst nur eine Militärconventiou mit Sachsen und Hessen, scheiterte an der Eigensucht und Sonderpolitik der kleineren Staaten. Uebcr ausweichende mißtrauische Verhandlungen und nichtssagende unaufrichtige Zu sicherungen kam man nicht hinaus, und die Ereignisse schritten bald über dieses ganze klägliche Schauspiel politischer Achsclträgerei, Falschheit und Kleinmüthig- keit hinweg. Daß die Sache Preußens ihre eigene und die allgemein nationale war, davon dämmerte in den von dem neuen Souvcränctätsschwindel befan genen Köpfen der norddeutschen Fürsten keine Ahnung aus. Als sich der Kur fürst von Sachsen endlich in letzter Stunde doch noch an Preußen anschloß, ge schah cs unter Vorbehalten und Verwahrungen, die den Werth eines solchen Bündnisses von vornherein sehr verringerten. Sagedn Bis zum letzten Augenblick wurden die preußischen Kriegsvorbereitungen «chtt Mai lässig betrieben; in unbegreiflicher Verblendung hielt man noch immer an der Möglichkeit eines Friedensschlusses fest, während die französischen und Rhein bundstruppen, die seit dein österreichischen Kriege in Deutschland zurückgeblieben waren, schon in weitem Bogen Preußen und Sachsen umspannten. In Baicrn, Franken und Würtemberg standen die besten französischen Marschälle, Soult, Ney, Bcrthier. Davoust, Bernadotte, Augereau, Lannes, Murat, Bcssieres u. A. mit 200,000 Manu aufgestellt, bereit auf jeden Wink des Kaisers gegen Preußen loszubrechcn; die Ausrüstung und Verpflegung war musterhaft, der Kriegsplan vollständig entworfen. Alles durchaus schlagfertig, als Napoleon selbst in Franken eintraf. Die preußische Armee war dem Feind gegenüber um ein gutes Viertel schwächer; die Corps lagen weit auseinander; die Kriegsbereitschaft war im Rückstand; im Hauptquartier herrschte weder Plan und Einigkeit, noch Energie und Entschlossenheit zum Krieg. Die alten Generale, der einundsiebzigjährige Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, der Fürst Hohenlohe-Jn- gelfingeu, der cinundachtzigjährige Feldmarschall von Möllendorff, der schon in den schlesischen Kriegen mitgefochten, der General Rüchel, in überlebten Kriegsschulen