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156 Europa unter Bvnapartischem Einfluß. Gliedern des französischen Adels, und sich an die Spitze der Bewegung stellen. Durch die englischen Gesandtschaften auf dem Continent hoffte man Hülfe vom Auslande zu erlangen. In dieser Absicht bereiste der zweideutige Mehee die deutschen Hauptstädte und hielt in München mit dem britischen Geschäftsträger Drake vertrauliche Besprechungen. Der Plan war so abenteuerlich, daß nur der Fanatismus und der blinde Haß in einer aufgewühlten, von politischen Gäh- rungsstoffcn erfüllten Zeit an die Möglichkeit eines Gelingens glauben konnte. Die Pariser Polizei hatte von Allem Kunde: sie wartete aber ab, bis im De- cember und Januar neue Zuzüge von Verschwornen eingetroffen waren. Am 'ö'iN.-15. Januar verlas der Redner des Consulats im gesetzgebenden Körper den Bericht über die Lage der Republik. Darin hieß es: Die britische Regierung wird versuchen oder hat vielleicht schon versucht, an unsere Küste einige jener Ungeheuer zu werfen, die sie genährt hat, damit dieselben den Boden zerfleische», auf dem sie geboren wurden. Diese Worte ließen errathen was bevorsland. 2i. Jan. Wenige Tage nachher wurden drei verhaftete Chouans vor Gericht gestellt, und zwei von ihnen, die keine Geständnisse oblegen wollten, erschossen. Die Aussagen des dritten ermöglichten weitere Entdeckungen und Verhaftungen. Selbst der Abbe Bernier, ehedem ein eifriger Agent der bourbon'schen Partei und mehrere Ftbl.u.März. Bischöfe ließen sich zu denunciatorischen Angaben gebrauchen. Nun füllten sich die Gefängnisse mit Schuldigen und Verdächtigen. Wie in den Tagen des Schreckens wurde die Pariser Bevölkerung durch Haussuchungen, Schließung der Barrieren und drakonische Polizciverordnungen in Schrecken gehalten. Unter den Verhafteten befanden sich nicht nur Georges Cadoudal und Pichegru, son dern auch Moreau, der beschuldigt war, mit dem letzteren mehrere Zusammen künfte gehabt und selbst mit dem alten Schaarenführer der Chouans sich in eine Unterredung eingelassen zu haben. Während der Haft versuchte man die beiden Generale der Republik zu offenen Geständnissen zu bewegen: der Erste Consul, so wurde ihnen vorgestellt, sei tief bewegt, so hochverdiente Männer unter der An schuldigung eines verbrecherischen Complots stehen zu sehen; er würde ihnen gerne Gelegenheit geben, dem Vaterlande neue Dienste zu leisten. Pichegru, der zu tief in die royalistischeu Umtriebe verflochten war, wies jede Versuchung, ihm compromittirende Geständnisse zu entlocken, standhaft von der Hand: Moreau dagegen, von dem sich während des Verhörs herausgcstcllt, daß er sich stets ge weigert habe, der Verschwörung zu dienen, daß er von den andern fast wie ein Verräther ihrer Sache angesehen worden, ließ sich zu einem Schreiben an Bo naparte bewegen, in dem er sich an dessen Großmuth wandte und auf die frühere Waffenbrüderschaft berief. Napoleon, der dein verdienten General stets An erkennung und Gewogenheit gezeigt, war entschlossen, dem Sieger von Hohen linden Verzeihung und Gnade angedeihen zu lassen, doch niußtc die gerichtliche Untersuchung ihren Fortgang haben. Ehe diese noch zu Ende geführt war. ließ sich der Erste Consul zu einem empörenden Gcwaltstrcich fortrcißen.