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II. Das Consulat. 137 dem konnte es nicht zweifelhaft sein, daß der Frieden von Amiens weder auf richtig noch dauernd sei, daß er nur eine kurze Ruhepause in dem Völkcrkampfc zur Sammlung neuer Kräfte geschaffen, daß die öffentliche Meinung da wie dort einen vollständigeren Austrag und eine gründlichere Entscheidung der Streit punkte verlangte. Die nationale Bewegung war in England wie in Frankreich in der Hochfluth , und die Regierungen folgten nur der allgemeinen Erregung, wenn sie von Neuem die Waffen schärften. Auch wurden die Feindseligkeiten fast gleichzeitig eröffnet. Auf die Schiffe in den italienischen Häfen wurde von beiden Seiten Embargo gelegt; und wenn die britische Regierung es als einen unerhörten Bruch des Völkerrechts rügte, daß der Erste Consul die in Frankreich reisenden oder weilenden Engländer vor der ausdrücklichen Kriegserklärung, die nach einer scharfen Thronrede am 22. Mai 1803 erfolgte, in Haft nehmen ließ, so übte das britische Ministerium das Vergcltungsrccht durch das Einfangen und Wegführen französischer und holländischer Schiffe. Die Sprache der engli schen Blätter über die unerträglichen Gewaltthätigkeiten Bonaparte's wurde immer leidenschaftlicher; der herausfordernde und anspruchsvolle Ton gab der französischen Regierung eine Handhabe, das Nationalgefühl und den Patriotis mus im eigene» Reiche zu wecken und zu steigern. Im gesetzgebenden Körper sprach man von der „frechen Schamlosigkeit" des Krämcrvolks über dem Canal; man beschloß, daß die ganze Körperschaft nebst Deputationen des Senats und der Legislatur sich in die Tuilerien begebe, um dem Staatsoberhaupt, das derN-M-o ins. Sprecher als „Consularische Majestät" anredete, zu danken für seine Großherzig keit und allzeit bewährte Mäßigung. Bouaparte antwortete, daß er, um die Heiligkeit der Verträge zu wahren und ungerechte Angriffe zurückzuwcisen, zum Kriege gezwungen sei, und versicherte, daß er ihn ruhmvoll führen werde. Auf die Beschwerden der englischen Negierung über die Vergewaltigungen und Eigen mächtigkeiten in Holland, in der Schweiz, in Piemont und in andern italieni schen Staaten, antwortete der Moniteur, die Reformen in Holland seien auf den >r. 3"",. Wunsch des batavischen Volks, die Einmischung in Hclveticn mit der Zustim mung Europa's geschehen, und was die Veränderungen in Italien betreffe, so habe sich England darum nicht zu bekümmern. Im Laufe des Sommers stieg die Fluth der patriotischen und nationalen Bewegung in Frankreich immer höher. Alle öffentlichen Organe sprachen von der „punischen Treue" des alten „Erb feindes" ; Adressen voll Ergebenheit und Schmeicheleien für den Helden, der von der Vorsehung erwählt sei, das „neue Carthago" zu züchtigen, liefen in den Tui lerien ein und wurden in der Staatszeitung und von der Bcamtenwelt dienst beflissen bekannt gemacht. Selbst die Geistlichkeit beeilte sich, „dem neuen Constantin den Preis für das Concordat abzuzahlen", indem sie in religiösen Ansprachen und Gebeten die Strafgerichte Gottes gegen die Friedensbrechcr hcrabrief. Patriotische Gaben und Einzeichnungen von freiwilligen Beiträgen legten Zcugniß ab von der kriegerischen Aufregung des Volks gegen das treulose