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II. Das Consulat. 135 den Generalen, höheren Offizieren und Beamten, welche auf der Liste standen, las man mit Verwunderung auch den Namen Carnot's. „Von dem Augenblick an verschwanden aus den Staatseinrichtungen Frankreichs die letzten Spuren des Repräscntativsystcms". Mittelst eines Senats-Consults konnte die Verfas sung jederzeit nach dem Sinne des Ersten Consuls interprctirt werden. Auf^«pn> diesem Wege wurde auch den Emigranten, mit Ausnahme der Hauptanführer, die Heimkehr und die Rückerstattung ihrer noch nicht verkauften Güter bewilligt. Nur die Waldungen sollten Staatscigcnthum bleiben. Und auch der Licblings- wunsch Napolcon's, die Uebertragung der höchsten Gewalt aus Lebenszeit wurde Mm >802. auf diesem Wege ins Werk gesetzt. Als Joseph Bonnparte und Lord Cornwallis im März 1802 den Frieden von Amiens abschlosscn, ließen sie sich mehr von dem Verlangen der beiden Völker nach Herstellung eines Friedcnszustandes fortreißen, als daß sie selbst an die Dauer der stipulirten Verträge geglaubt hätten. In Paris wie in London ^«2. herrschte das Gefühl, daß in Amiens nur ein Waffenstillstand geschlossen sei. der über kurz oder lang durch neue Feindseligkeiten sein Ende erreichen würde, eine Uebergangsperiode, die weder Krieg noch Frieden war. Sollte das Londoner Cabinet zugeben, daß der Eontinent gänzlich in die Machtsphäre des consulari- schen Frankreich gezogen werde? Sollte England, das vor neun Jahren gegen die Revolution ins Feld gezogen war und seitdem den conservativen und monarchischen Interessen so viele Opfer gebracht, ruhig zusehen, daß nicht nur die Niederlande und die deutschen Rheingebiete, sondern auch die italienischen Länder, Piemont und Mailand, Genua und das etrurische Königreich in fran zösische Clicntelstaaten verwandelt, die Insel Elba mit der konsularischen Re publik verbunden und durch Militärcolonien wie im alten Rom sicher gestellt, und daß alle diese Staaten wie Frankreich selbst, ja sogar die pyrenäische Halb insel dem englischen Handel verschlossen wurden? Sollte England durch die Rück erstattung Malta's an den Johanniterorden dem Ersten Consul die Möglichkeit verschaffen, die alten Pläne einer französischen Seehcrrschaft im mittelländischen Meere zu erneuern, im Bunde mit Rußland, mit der Türkei, mit Neapel die gricchisch-levantinische Inselwelt unter sein Protectorat zu bringen? Sollte cs dem von Bonaparte so gebieterisch verlangten Auslieferungsvertrag zustimmen, kraft dessen nicht nur Verbrecher und Fälscher, sondern auch „Pasquillanten", d. h. alle Schriftsteller und Publicisten, die von dem britischen Reiche aus die Politik des Ersten Consuls angriffcn, ausgewiescn, nach Canada eingcschifft werden sollten? Die Presse, die in Frankreich selbst nicht zum freien Ausdruck kommen konnte, trat unter dem Schutze der britischen Gesetze mit Schärfe und Heftigkeit gegen die konsularische Dictatur auf, ohne daß sie auf administrativem Wege gehindert werden konnte. „Man ist erstaunt", ließ sich Talleyrand in einer Note vernehmen, „daß eine Regierung, die sich rühmt, in der Civilisation so weit vorgeschritten zu sein, auf ihrem Gebiete so widerwärtige Schmähschriften