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II. Das Konsulat. 125 ein französischer Staatsmann, Petiet, die oberste Leitung besaß, und daß die Männer, die an der Spitze des Staats und der gesetzgebenden Gewalt standen, deni Willen Napoleon's unbedingt folgten; er trachtete nach einer Stellung, wie der 18. Bruinaire sie ihm in Frankreich geschaffen. Zu dem Ende beschied er im Winter von 1801 auf 1802 eine Consulta cisalpinischer Abgeordneter, vierhun dertfünfzig an Zahl, nach Lyon, um ihnen den Verfassungsentwurf zur Be nutzung und Annahme zu unterbreiten, den Talleyrand im Einvernehmen mit einigen Notablen Cisalpiniens, darunter Mclzi, Serbelloni und Marescalchi nach den Angaben Napoleon's ausgcarbeitet hatte, eine Nachbildung der Con- sularverfassung in beschränkterem Sinne. Danach sollte eine Wahlkörperschaft von siebenhundert Personen, dreihundert aus der Klasse der großen Grundbesitzer und je zweihundert aus der Kaufmannschaft und dem Gelehrtenstande auf Le benszeit und mit dem Rechte collegialischer Selbstergänzung gewählt, den Grund stock bilden, aus welchem die legislative Macht, getrennt in ein Censorencolle- gium oder Senat, in einen gesetzgebenden Körper nebst Lribunat und in eine dem französischen Staatsrath entsprechende Consulta, sowie die Häupter der vollziehenden Gewalt hcrvorgehen sollten. An die Spitze des Ganzen war ein Präsident gestellt, der wie der Erste Consul in Frankreich die Staatshoheit besitzen und einen Vicepräsidenten zur Seite haben sollte. Dieses Organisations statut wurde von der Consulta in Lyon ohne erheblichen Widerspruch angenom men, woraus in Gegenwart Bonaparte's, der am 11. Januar unter großem Volksjubel in die von Festgepränge strahlende Rhonestadt einzog und durch ent gegenkommendes einschmeichelndes Benehmen die cisalpinischen Abgeordneten bezauberte und willfährig machte, die Ernennungen für die Staatsgewalten erfolgten. Wer sollte aber die Wurde des ersten Präsidenten empfangen? Es gab immer noch einige Männer, die trotz der allgemeinen Scrvilität so viel Nationalgefühl und patriotischen Sinn in sich trugen, daß sie ein eingebornes Oberhaupt an die Spitze ihres Gemeinwesens stellen wollten. Das war jedoch nicht nach Napoleon's Sinn. Italien sollte in ähnlicher Weise wie Frankreich ihn selbst als souveränen Machthaber anerkennen. Talleyrand verstand seinen Herrn und fand Mittel und Wege, ihm die Erfüllung seines Wunsches zu ver schaffen. Im Einvernehmen mit Petiet, Marescalchi und andern Vertrauten Bonaparte's suchte er die Consulta zu einer Adresse an den Ersten Consul zu bewegen, worin derselbe ersucht ward, die höchste Regierungsgcwalt auf zehn Jahre mit dem Rechte der Wiederwahl in die eigene Hand zu nehmen, da sie in ihrem Vaterland? keinen Bürger zu finden vermöchten, der durch den Glanz seines Namens und seines Charakters würdig und fähig wäre, ihre Republik zu leiten und zu erhalten. Die von einem Ausschüsse entworfene Adresse wurde von Talleyrand mit diplomatischer Schlauheit an einem Tage zur Abstimmung ge bracht . da die Mehrzahl der cisalpinischen Abgeordneten zu dem großen mili tärischen Schauspiel geeilt war, das Bonaparte zur Begrüßung der aus Aegypten 25. Jan. 1802.