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110 Europa unter Bonapartischein Einfluß. herbeilassen wurden, der die Rückkehr der Armee unter ehrenhaften Bedingungen gestattete. Es wurden daher Unterhandlungen mit Sidney Smith und dem Großwesir eingeleitet, die trotz der unmenschlichen Grausamkeit, womit die ara bischen Räuberschaaren bei der Ueberrumpelung des Fort El Arisch die franzö- Dklbr. 17S9. fische Besatzungsmannschaft ermordeten, zu einem Abkommen führten des In halts, daß die Franzosen Aegypten räumen und mit Waffen, Gepäck und allen Kriegsehren auf englischen und türkischen Fahrzeugen in die Heimath zurück kehren sollten. Aber sowohl Desaix, den Kleber mit den Unterhandlungen be traut hatte, als die andern bonapartisch gesinnten Generale, insbesondere Menou, N.Jan.isvo. Davoust und Savary, mißbilligten die Convention von El Arisch. Sie beriefen sich auf das ausdrückliche Verbot des Oberbefehlshabers bei seinem Abgang, ohne die dringendste Nothwendigkeit einen Räumungsvertrag einzu gehen, suchten die Unzufriedenen durch die Aussicht auf die von Napoleon ver sprochene Hülfe von Frankreich zu beruhigen und hoben hervor, wie unsicher eine Uebereinkunft sei, die weder von der englisch-türkischen noch von der französischen Regierung bestätigt worden. Denn der englische Admiral war nicht befugt, den Titel eines „Bevollmächtigten Sr. Majestät des Königs von Großbritannien", den er sich beigelegt, zu führen; und welche Garantie vermochte der Großwesir zu bieten, dem die zuchtlosen arabisch-türkischen Banden und die Mameluken-Beys keinen Gehorsam leisteten? So wurde denn die Spaltung zwischen der Partei der „Colouisten" und der „Anticolonisten" immer größer, und die meuterischen Soldatenauftritte, welche schon bei dem Ueberfall von El Arisch so verhängniß- voll gewesen, nahmen in bedenklicher Weise zu. Desaix und Davoust weigerten sich bei der Ausführung der Capitulation von El Arisch mitzuwirken und zogen ab. Wir kennen das Schicksal des erstcren bei Marengo. Hciwvom. Kleber sah bald genug ein, zu welcher Uebereilung er sich in seinem Miß mut!) hatte Hinreißen lassen. Die englische Regierung, durch die aufgefaugcnen Depeschen zu der Meinung gebracht, die französische Armee im Nillande sei in so verzweifelter Lage, daß sie sich in Kurzem auf Gnade und Ungnade ergeben müsse, verwarf die Uebereinkunft zwischen Sidney Smith und Kleber und ließ dem Oberbefehlshaber der Mittelmeerflotte, Lord Keith, die Weisung zugehen, eine Capitulation nur unter der Bedingung abzuschließen, daß die ganze franzö sische Armee die Waffen strecke und sich in Kriegsgefangenschaft begebe. Mit tiefem Schmerze benachrichtigte Sidney Smith den französischen Feldherrn von dem Beschlüsse seiner Regierung, der ihm selbst das Brandmal des Wortbruchs auf drückte. Kleber wurde von der ihm gebotenen Schmach mächtig ergriffen. Aber sie wirkte läuternd auf seine Seele. Sein angeborner Heldengeist und sein mili tärischer Stolz, die der Unmuth eine Zeitlang verdunkelt hatte, erwachten wieder mit vollem Bewußtsein in seiner Brust. Ein Hecrbefehl, in dem er die Truppen von dem Schreiben unterrichtete, schloß mit den Worten: „Soldaten, auf solche Unverschämtheiten kann nur durch Siege geantwortet werde»; macht Euch zum