Volltext Seite (XML)
92 ^ Europa unter Bouapartischem Einfluß. für sich behielte». Aor Allem aber erregte es seinen Unwillen, daß die Verbün deten aus schmachvoller Selbstsucht sich weigerten, die russischen Soldaten, die in der Schweiz und in Holland in französische Gefangenschaft gerathen waren, in die Austauschungsverträge aufzunehmen. Napoleon wußte diese Verstimmung des launenhaften Zaren und seine Vorliebe für das Heer trefflich zu benutzen. Nicht allein, daß er über die Größe und Macht des russischen Kaiserstaats und über den hochherzigen Charakter Pauls sich in der schmeichelhaftesten Weise äußerte, seine Bereitwilligkeit zu erkennen gab, dem Papst, den Maltesern, dem König von Piemont wieder zu ihren früheren Besitzungen behülflich zu sein, und den Jesuitenpater Gabriel Gruber, der damals am Petersburger Hof hoch in Gunst stand, in sein Interesse zu ziehen wußte; er schickte etliche Tausend der russischen Gefangenen neu gekleidet und bewaffnet unter eigenen Anführern ohne Löscgeld durch Deutschland nach ihrem Heimathland zurück, als Beweis, wie er tapfere Männer zu achten wisse. Auch verehrte er dem Zaren den Degen, den einst Leo X. dem Großmeister des Malteserordens, Liste Adam, geschenkt hatte. Von der Zeit an fühlte Paul I. die lebhaftesten Sympathien für den siegreichen Feldherrn. Er erkannte in dessen ganzem Auftreten den verwandten autokrati- schen und militärischen Geist, den Bändiger der Revolution und der ihm so ver haßten republikanischen Ideen; er blieb fortan der Bewunderer und Freund Bo- naparte's. Der Zar sandle den General Sprengporten mit einem eigenhändigen Brief nach Paris, daß er den Oberbefehl über die entlassenen Kriegsgefangenen übernehme, und traf die Einleitungen zu einem gänzlichen Umschwung der russi schen Politik. Im Bunde mit Napoleon wollte er gegen das eigensüchtige Jnsel- volk in den Kampf ziehen, Malta dem Orden zurückgewinnen, und von den Kaukasusländern aus, wo das christliche Fürstenthum Georgien eine russische Provinz geworden war, die britische Herrschaft in Asien erschüttern. Doppkifeidj!,« ^ ist sehr zweifelhaft, ob es dem Ersten Consul mit feinen Friedens- dkschlosftn. anträgcn Ernst war. Aber die schroffe Zurückweisung durch Pitt und Thugut hob ihn in den Augen der Nation und mehrte seine Popularität. Nun fiel die ganze Schuld des Krieges, die ganze Verantwortlichkeit für die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten auf das Ausland. Der Kontrast zwischen der scheinbaren Wärme, Offenheit und Großmuth Napoleon's und der abweisenden Kälte der Kabinette von London und Wien, zwischen den versöhnlichen Kundgebungen des Ersten Konsuls und dem bösen Willen seiner Gegner, erzeugte bei den feurigen Franzosen einen Sturm von Begeisterung und Kampflust. Von allen Seiten strömten dem waffenkundigen Obcrhaupte tapfere Krieger zu, so daß ganz Frank reich in ein gewaltiges Feldlager sich verwandelte. Napoleon bildete in größter Heimlichkeit ein streitbares Heer, das er an verschiedenen Orten in der Nähe des Genfer Sees sammelte, indeß die in Dijon ausgestellte sogenannte Reservearmee unter Berthier die Welt täuschte und den Spott der Engländer hervorries. Zu gleich ertheilte er dem General Moreau, der mit Sainte-Suzanne und Saint-Cyr