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II. Das Consulat. 85 würfigkeit trug ihm Alles ein. wonach seine Seele dürstete, Geld, Ehre und ein müheloses Dasein. Bonaparte, dessen durchdringender Blick und tiefe Menschen- kenutniß die Herzen bis in ihre tiefsten Falten erforschte, um die guten und bösen Triebe und Leidenschaften zu entdecken, die er für seine Zwecke gebrauchen konnte, hatte die schwache» Seiten seines Collegen schnell erfaßt. Wir wissen, wie ge schickt er vor Jahren die Habsucht der Cominissare und Generale in Italien zu benutzen wußte, um die feilen Seelen von sich abhängig zu machen. Dasselbe Mittel wandte er auch bei Sieyes an. Im Luxembourg war ein geheimer Geld schrank, in welchem das Direktorium einen Reservesoud ausbewahrte. Eines Tages fragte Sieyes den General, wie man wohl die dort verborgenen Geld summen am zweckmäßigsten nnwenden könne? Bonaparte erricth die Gedanken und Wünsche des Mannes. „Wenn ich davon Kunde erhalte", antwortete er, „so fließt das Geld in den Staatsschatz; wenn ich nichts davon weiß, können Sie und Ducos sich darein theilen". Sieyes beeilte sich den Rath zu befolgen und behielt den Löwcnantheil für sich selbst. Als die Verfassung vollendet war, sprach Bonaparte dem Urheber seinen Dank aus, ernannte ihn in Anerkennung seiner „uneigennützigen Tugenden" zum Präsidenten des Senats und schenkte ihm unter dein Titel einer Nationalbelohnung ein Landgut. Auch Roger-Ducos wurde mit der einträglichen Sinecur eines Senators belohnt. An ihre Stelle traten Cambaceres, ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter als zweiter und Lebrun, ein erfahrener Geschäftsmann als dritter Konsul. Uni die Mitte Decembers wurde die Verfassung vom Jahr VIII ir»A"^u"g ganzen Reiche bekannt gemacht. Eine Proklamation an die Nation hob hervor, Siaaisform. sie sei gegründet auf die echten Prinzipien der Rcpräsentativverfassung, auf die geheiligten Rechte des Eigenthnms, der Freiheit und Gleichheit; sie gewährleiste die Rechte der Bürger und die Wohlfahrt des Staats. Durch sie sei die Revo lution beendigt; die Grundsätze, von denen diese ausgegangen, seien in ihr sicher gestellt. Darauf wurde in allen Gemeinden eine Volksabstimmung angeordnet, die eine an Einstimmigkeit grenzende Annahme der neuen Constitution durch die Nation beurkundete. Das Vertrauen des Volks zu der Thatkraft, zu den hohen Herrschergaben, zu den edlen gemeinnützigen Absichten Napoleon's machte die Nation blind für die Gefahren, die der Freiheit drohten, „Zwischen Banaparte und dem Publikum wurde ein stillschweigendes Abkommen getroffen, nach welchem der eine Thcil sich verpflichtete, die Usurpation mit Erinnerungen und Formeln der Freiheit zu verhüllen, der andere sich mit diesen Zugeständnissen begnügte, ohne jemals auf den Grund der Dinge zu schauen". So war die neue Monarchie in republikanischer Form, das autokratische Washington Regiment mit constitutionellcn Verzierungen geschaffen. Wer sich noch mit Zwei-" fein über den wahren Charakter der neuen Staatssorm tragen mochte, wurde bald enttäuscht, als Napoleon seine Wohnung in den Tuilcrien nahm. Um die selbe Zeit, da er den alten Palast der Könige bezog, gelangte die Nachricht von