Volltext Seite (XML)
II. Literatur u. Geistesleben im neunzehnten Jahrhundert. 1001 mantik zuwandte und in „Antonio Foscarini", „Giovanni da Procida", „Lodo- vico Moro", „Filippo Strozzi" und besonders in seinem gepriesenen „Arnaldo da Brescia" vaterländische Stoffe mit Freimuth und patriotischer Gesinnung be- handelte. Niccolini's Tragödien gleichen politischen Abhandlungen, versichert Ruth, wobei die zu Grunde gelegte Fabel nur den Text abgab, gleichsam das Symbol, welches den politischen Ermahnungen und Lehren mehr Lebendigkeit verlieh und das aufregende Mittel der Phantasie lieferte. Zu dem Trauerspiel „Antonio Foscarini" wurde er durch Lord Byron's Vorbild angeregt. Silvio Pcllico aus Saluzzo, eine weiche, elegische Natur, erwarb sich SNvwPkM» zuerst dichterischen Ruhm durch seine Tragödien, unter denen die dem Dante entnommene „Francesco da Rimini" die vorzüglichste ist. Von Foscolv's Dich tungen angeregt, widmete er daun seine Kräfte den vaterländischen Bestrebungen und gründete zu dem Zweck in Mailand eine Zeitschrift, den „Eonciliatore", das Hauptorgan der Romantiker, das neben der Literatur auch politische und sociale Fragen behandelte, mußte aber, gleich dem Dichter Maroncelli, für seinen Frei mut!) und seine nationale Gesinnung lange Jahre unter den Bleidächern von Venedig und in den Kerkern des Spielbergs büßen. Die Leiden seiner zehn jährigen schrecklichen Gefangenschaft hat er selbst in dem viclgclescncn Buche „meine Haft" (1e rms xrigstoni) rührend und anziehend dargestcllt (S. 639). Gebrochen an Körper und Geist, erlangte er endlich seine Freiheit, aber seine ergreifenden Schilderungen steigerten in seinen Landsleuten die Sehnsucht nach Erlösung von dem entsetzlichen Drucke. In der religiösen Hingebung an die katholische Kirche theilte Silvio Pellico den Hang der deutschen Romantiker. Seine „Cantiche" haben aste eine didaktische Tendenz, nämlich „die christlichen Tugenden der Milde, Demuth und Entsagung zu lehren und die Handlungen der Menschen unter dem priestcrlichen Standpunkt zu beurthcilen". Im Eifer für de» Katholicismus verdammte er nicht nnr aste philosophische Freigeisterei, sondern auch den Protestantismus, der nur Wahn und Täuschung sei, und machte seinem Freunde Gioberti Vorwürfe, daß er mit seinem Buche über die Jesuiten sich mit Ungläubigen und Ketzern auf eine Stufe gestellt habe. Einer der hervorragensten Dichter und Mitarbeiter des „Eonciliatore" war Bnchn Giovanni Berchet, geboren zu Mailand gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Er gehörte mit Silvio Pellico, Tommaso Grösst (Verfasser des durch Wahrheit der Charakterzeichnung bedeutenden Gedichtes „die Lombar den beim ersten Kreuzzug" und der rührenden Liebesnovelle „Jldegonda") und Andern zu der romantischen Schule des „jungen Italien", zu deren Verbreitung er durch die Uebersetzung von Bürgers „Lenore" und andern Balladen wesentlich beitrug. Cr stellte an die Dichtkunst die Forderung, daß vaterländische Stoffe zum Inhalt gewählt und patriotische Gefühle im Volke geweckt und genährt' werden sollten. Nach der gescheiterten Revolution von 1820—21 traf ihn ein langjähriges Exil, das er abwechselnd in Frankreich, Belgien, England verlebte.