II. Literatur n. Geistesleben im neunzehnten Jahrhundert. 997 jedoch Monti bald wieder ein und verfaßte einige Gedichte entgegengesetzten In halts, so daß er schon damals ein Chamäleon genannt ward. Diese Charakter- und Gesinnungslosigkeit bewährte der Dichter auch während der Wechselstelle seines Vaterlandes am Ende des Jahrhunderts. Beim Hcrannahen der russi schen Heere floh er mit dem Direktorium aus Mailand, und doch glaubten Viele, daß ein Sonett, worin Suwarow als russischer Heros gepriesen war, aus seiner Feder geflossen sei. Während seines Exils in der Nähe von Chambcry schrieb Monti die Tragödie »6ajo Oraooo« und das Lobgedicht auf seinen Freund und Leidensgefährten, den Dichter und Mathematiker Mascheroni mit Anspie lungen auf die politische Zeitlage. Eine Cantate auf die Schlacht bei Marengo verschaffte ihm die Gunst Napoleon's. Von dem Imperator in Mailand zum Hofpocten und Geschichtschreiber des Königreichs erhoben, feierte er den Ueber- windcr Italiens in lobpreisende» Gedichten auf alle wichtigen Ereignisse(»T>a spalla äi I'etlarioou worin der Schatten Fricdrich's des Großen nach der Jenenser Schlacht seinen Degen vertheidigt). Mit dem Sturze Napoleon's ging eine neue Wandlung in ihm vor; er erwarb sich zuletzt durch eine „Cantate" auf Kaiser Franz und andere höfische „Bestellungsgcdichte" auch die Gunst des österreichischen Beherrschers und den lebenslänglichen Genuß seines Einkommens. Eben so schwankend und unsicher wie in seinen politischen Ansichten war Monti auch in seiner poetischen Richtung. Von Natur den klassischen Kunstregeln zuneigcnd, hat er doch durch die Wiederbelebung der Dante'schcn Poesie einen mächtigen Anstoß zur Erweckung des Romanticismus gegeben, der aber in Italien nicht wie in Deutschland dem Rückschritt, sondern dem Fortschritt, der freiheitlichen und nationalen Entwickelung diente. Während der französischen Herrschaft war Monti eine Zeit lang Professor der italienischen Literatur in Pavia. In dieser Stelle hatte er zum Nachfolger Nie. Ugo Foscolo aus dem Vcnetianischcn, einen leidenschaftlichen, freihcit- glühenden Dichter, in dem zuerst der Gedanke einer politischen Wiedergeburt Italiens begeisterten Ausdruck fand. Seine Tragödien (»'I'ie8te«; »lliooirrrclrr«), worin er nach dem Vorbildc Alfieri's seine Freiheitsideen nieder legte, sind weniger wegen ihrer künstlerischen Vorzüge, als wegen der patrioti schen Gesinnung ausgezeichnet. Die Anfeindungen und Verfolgungen, die er sich dadurch zuzog, hielten ihn nicht ab, als Mitglied der Consulta in Lyon (S. 169) eine kühne, später durch den Druck bekannt gemachte „Rede an Bonaparte" zu halten. Aber nur zu bald überzeugte er sich von der Erfolglosigkeit seiner Be mühungen und der Trüglichkcit seiner Hoffnungen, und dieses Gefühl des Schmerzes über die Versunkenheit seines Vaterlandes verschmolz er mit seinen Licbesklagcn in dem Roman „Briefe zweier Liebenden", oder, wie er ihn nach einer später» Umarbeitung benannte, „Letzte Briese des Jacopo Ortis" (1802), ein Buch, das als der „italienische Werther" bezeichnet werden kann, indem der Held „deutsche Sentimentalität mit italienischem Patriotismus vereinigt und an