Volltext Seite (XML)
950 O. Das achtzehnte Jahrh. in den vier ersten Jahrzehnten. Jammer, der das Land über sieben Jahre wie eine Todesnacht bedeckte. Alles Elend und alle Gräuel, die uns aus dein vorigen Bande hinlänglich bekannt sind, ergingen über das unglückliche schwäbische Volk. Wenige Jahre reichten hin, um das einst blühende wohlbevölkerte Land in Armuth und Verödung zu stürzen. Glücklich wer das Leben durch die Flucht nach der Schweiz zu retten vermochte! Unterdessen vergaß der Herzog in den Armen der schönen Wild- und Rheingrüfin von Salm, mit der er sich mitten im Kriege vermählte, in Straßburg alle Noth seines Landes jXI., 1015). „ES fehlte ihm alle Stärke der Seele, hohes Gefühl seiner selbst, Gewandtheit für unglück liche Zufälle." Die Restitution des HerzogthumS war cine der schwierigsten Aufgaben der westfälischen Fricdcnsverhandlungen. Nicht genug, daß die katholische Kirche die Klöster und Stifter, die sie über ein Jahrzehnt in Besch gehabt und ausgcsogcn, nicht wieder herausgcben wollte, die bedeutendsten Schlösser und große Landstriche waren von dem Kaiser an katholische Fürsten, Edelleute, Generale und Minister verschenkt worden und Oesterreich und Baiern hatten sich günstig gelegene Territorien angecignet. Aber Dank der patriotischen Thätigkcit des Würtembergischen Bevollmächtigten Varenbülcr, der mildem Vicekanzler Löffler sich engeanOxensticrna angcschlossen und die Sache seines Vaterlandes und Fürsten mit Eifer und Geschick führte, wurde Eberhard wieder in alle Besitzungen und Rechte hergestellt, welche seine Voreltern besessen hatten. Die occupirten Schlösser und Territorien wurden geräumt, die Klöster und Stifter dem Staat zurück- gegeben. Nun begann für Würtemberg eine Zeit des Wicderaufbauens des verfallenen staatlichen, kirchlichen, wirthschaftlichcn und geistig-sittlichen Lebens; und bei diesen umfas senden Arbeiten zeigte Eberhard mehr Einsicht und guten Willen, als man von seiner bis herigen Haltung erwarten konnte. Obwohl auch er der allgemeinen Richtung folgte, die seit dem westfälischen Frieden durch den Einfluß Frankreichs bei allen Höfen und fürstlichen Residenzen herrschend ward, so geschah cs doch mit Mäßigung und mit Rücksicht auf die Ucber- lieferungcn und Sitten des Landes. Die Finanzwirthschaft und das Steuerwesen, die wich tigste Angelegenheit des zerrütteten Staats, wurde mit Zuziehung der Landständc »ach und nach in einen erträglichen Zustand gebracht; eine Kanzleiordnung schärfte den Beamten ein, in allen Dingen den würtembergischen Rechten und Ordnungen gemäß Bescheid zu geben; und wenn der Herzog auch cine kleine stehende Armee unterhielt und von dem Landesausschuß einige Beiträge zu Festungsbautcn verlangte; so bürgte doch seine friedliebende mehr dem häuslichen Vergnüge» zugcwandte Natur dafür, daß kein an derer Kricgsaufwand gemacht werden würde als zur Landcsverthcidigung oder Er füllung der Reichspflichten erforderlich war. Verständige Verordnungen suchten das ge sunkene Kirchen- und Schulwesen wieder aufzurichten, Sittsamkeit und bürgerliche Zucht zu heben, in die Erbfolge und Apanage eine feste Ordnung einzuführcn. Und trat auch die Lust an Jagd und Fuchsprellen und an Wildgehcge zeitweise mehr hervor, als mit einer sparsamen Haushaltung und mit den Zwecken der Landwirthschaft vereinbar schien, so wurde doch das Fest- und Freudeleben am Hofe und der Hang für das Waidwerk nicht mit solcher Verschwendung und Leidenschaft betrieben, wie in den meisten anderen deutschen Fürstcnthümern. In den Kriege» zwischen Habsburg und Bourbon suchte ^udwig^wohl Eberhard als sein gleichgesinnter Sohn und Nachfolger Wilhelm Ludwig eine ,»,71—77. neutrale Stellung zubchauptcn ; doch konnten sic dadurch neue Kricgsleidcn und Kriegsbe- drückungcn nicht von ihrem Lande fern halten, und Ehre war bei solcher Zurückgezogen heit nicht zu erwerben. Nur in fremden Diensten bewährten einzelne Glieder des zahlreichen Fürstenhauses die alte schwäbische Tapferkeit und Kricgslust. Eberhard Nach dreijähriger Regierung starb Wilhelm Ludwig plötzlich zu Hirschau an einem M77—i TU? Schlage, mit Hinterlassung eines kaum einjährigen Sohnes Eberhard Ludwig. Eö war ein großes Unglück für das Herzogthum, daß in den Jahren, da Ludwig XIV.