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V. Preußen und das deutsche Reich. 945 Ein warmer und thätigcr Freund alter Fortschritte und Reformen seiner Zeit hat er zuerst, seitdem er im I. 1746 die selbständige Regierung in Baden-Durlach angetreten und dann im I. t77t die markgräflichcn Lande von Baden-Baden damit vereinigt hatte, seine ganze Thätigkcit darauf gerichtet, sein Land und Volk zu heben und es für die höheren Aufgaben, die ihm von dem Schicksale bestimmt waren, heranzubilden und zu befähigen. Durch unermüdliche Fürsorge hat er während seiner langen Regie rung ein kleines Land mühsam aus dem Rohen herausgearbcitet, um dann aus einem beinahe zehnfach vergrößerten Raume die gleiche Thätigkcit fruchtbringend zu entfalten. Nicht nur daß er auf dem Gebiete der Bodcncultur und der Industrie neues Leben schuf, das Handels- und Verkehrswesen durch Beseitigung hemmender Schranken in Aufschwung brachte; auch Gerichtswesen, Administration, Unterricht und Bildung wurden im Geiste der Humanität und der neuen Zeitrichtung gefördert. Unter den Söhnen des Landgrafen Philipp des Großmüthigcn wurden die unter s. Hessen, seiner Herrschaft vereinigten Länder in der Art getheilt, daß sein Erstgeborner W i l - Helm IV. der Stifter der Kasseler Linie ward, indeß sein vierter Sohn Georg^"AA, die obere Grafschaft Kasiencllenbogen zum Erbtheil erhielt und Darmstadt zu seiner r is«2. Residenz wählte. Die übrigen Thcilfürstenthümer, welche die beiden andern Söhne Philipps gründeten, die Linie Marburg und die Linie Rheinfels in der niedern Graf h >k>»«. schüft Kahcncllcnbogen, erloschen frühzeitig, und ihre Länder gingen nach vielen Kämpfen, Verträgen und Ausgleichungen in jene beiden Hauptlinicn auf. Doch wurde von dem Darmstädter Gebiet im flcbcnzehntcn Jahrhundert die Ho m burgische Seitenlinie ausgeschicdcn. aus welcher mehrere bedeutende Feldherren hervorgingen, und aus dem Kasseler die Nebenlinien Rothenburg und Philippsthal. — Während des dreißigjährigen Krieges verfolgten die Glieder des Hauses Hessen eine verschiedene Politik: während Ludwigs Sohn M oriz „der Gelehrte", ein eifriger Bekenner der calvinischen Lehre, die er auch in dem ihm zugcfallcnen Marburgischcn Landcsthcile einführte, zu dcrh «>r Union hielt, schloß sich Georg's Sohn LudwigV. an den Kaiser an. Er stiftete 1607 die Universität Gießen, um den von Marburg vertriebenen lutherischen Professoren r ,i,M. einen neuen Wirkungskreis ihrer Lehrthätigkcit zu eröffnen. Wir haben im elften Bande dieses Werks der treuen Anhänglichkeit gedacht, welche der Sohn und Nachfolger von Moriz, Wilhelm V. und seine Wittwc, die hochsinnige Landgräfm Amalia Elisabeth aus dem Hause Hanau während der Minderjährigkeit ihres Sohnes Wilhelm VI. anz-m.n. die Sache der protestantischen Confesstonsvcrwandtcn und ihrer schwedischen Verbündeten bewiesen. Das Land hatte deshalb furchtbar zu leiden und der mit der kaiserlichen Acht belegte Landgraf fand seinen Tod als tapferer Streiter in Ostfriesland. Aber wie wissen auch daß Hessen-Kassel im westfälischen Frieden eine Landvcrgrößceung an der Weser erhielt sXI., Iül5). Zwei Jahre nach dem Frieden legte Amalia Elisabeth die Regierung nieder, die dann ihr Sohn Wilhelm VI. „der Gerechte" übernahm, cin^^^" Fürst von häuslicher Tugend und vorwurfsfreiem Lebenswandel, aber ohne hervor-ra» , ragende Eigenschaften. — Doch ging auch Georg II. von Dacmstadt, welcher der^>> -,>> v, Politik seines Vaters treu auf Seiten des Kaisers blieb und in den Prager Frieden r eintrat, in Münster nicht leer aus. Sein Land wurde durch die niedere Grafschaft Kabcnellenbogen vergrößert. Zugleich erhielt der Landgraf, der mitten im Krieg das Darmstädter Gymnasium gründete, die Anwartschaft auf die Grafschaft Isenburg. Um die Zeit des westfälischen Friedens wurde in beiden Landgrafschaftcn die Primo genitur eingeführt und damit weiteren Landcstheilungen vorgebeugt. Georgs Bruder Friedrich machte, zur katholischen Religion übertretend eine glänzende Laufbahn als Großprior des Malteserordens, als Cardinal und Fürstbischof von Breslau, wo cr WMr vn. 1682 starb. Unter Wilhelm VII. wurde mit Lippe-Schaumburg ein Übereinkommens Wer er, Weltgeschichte. XII. 60