V. Preußen und das deutsche Reich. 935 Friedrich slaud uiit aufrichtiger Anerkennung, Liebe und Dankbarkeit an dein Sterbelager ; er hat auch in seinen Briefen und Werken des Vaters stets mit Ver ehrung gedacht und mit dem vollen Bewußtsein, wie viel der preußische Staat diesem kräftigen ehrenfesten Fürsten verdanke. Schon ein Blick auf den wohlgefülltcn Schatz und das stattliche Heer bewies die Gediegenheit der Grundlagen dieses „sparta nischen" Staatsbaus, doppelt wcrthvoll in einer Zeit, da gewaltige Entscheidungen am politischen Horizont ansstiegen. Ucbcrall waren die natürlichen Hülfsqucllcn erschlossen, die Enragsfähigkeit gehoben, der Wohlstand und die Cultur gesteigert. Bo» dem aufgeklärten, einsichtigen und wohlwollenden Sinne des neuen Königs durfte man eine gesegnete Zeit für Preußen voll Regentenweisheit und thätiger Fürsorge für das Wohl der Unterthancu erwarte». Und schon die ersten Regie- rungshandlnngcn gaben den großen, einsichtigen Geist, die unermüdliche Arbeits kraft, das ernste landcsvüterliche Streben, wie auch den selbstbewußten Willen des jungen Monarchen kund. Im Ganzen wurde das System der Staatsver waltung des Vaters fortgesetzt; nur wurde eure große Reihe von Mißbräuchen und überlebten Einrichtungen in der militärischen und bürgerlichen Administration abgeschafft. Des Königs humaner Geist zeigte sich u. A. alsbald in der Mil derung der barbarischen Crinünaljustiz, in der Aufhebung der Folter, die damals noch überall ein wesentlicher Bcstandthcil des Strafprozesses war. Am meisten wußte Friedrich die militärischen Leistungen des Vaters zu schützen. Wohl wurden auch hier mancherlei Aeußerlichkeiteu und Spielereien, wie das große Leibregiment, abgeschafft; allein an dem Wesen der trefflichen Armceorganisation hielt Friedrich fest und baute auf den bewährten Grundlagen im Geiste des Vaters fort. Wir werden den Staat Friedrichs des Großen an einem andern Orte kennen lernen; zunächst war cs mehr der Feldherr als der Staatsordner, der seinen gefeierten Namen durch die Welt erschallen ließ. 2. Das Reich und die deutschen ckürffenthnmer. s. Allgemeines. Mit der Thronbesteigung Maria Theresia's und Friedrichs II. im I. 1740 tritt die Geschichte der deutschen Nation in eine neue Periode ein, die bisherige Staatenconföderation gewinnt mehr und mehr eine dualistische Gestalt unter der Hegemonie von Oesterreich und Preußen; die im westfälischen Frieden geschaf fenen Ordnungen werden zu einem morschen Gehäuse, dein der Odem des Lebens entflieht. Wir haben im vorige» Bande S. 1019 ff. die öffentlichen Zustände, die Reichsverfassnng und die Einzelstaatc» kennen gelernt, die dem deutschen Volke als Früchte und Errungenschaften dreißigjähriger Kümpfe zu Münster und Osnabrück dargebvten wurden. Diese Einrichtungen nnd Satzungen nach Außen unverändert zu erhalten, nach Innen zu Gunsten des Particularismus, der fürst lichen Vorrechte auszubilden, war das Ziel der deutschen Politik der nächsten