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930 O. Das achtzehnte Jahrh. in den vier ersten Jahrzehnten. Abenteucrcrs Element, der seltsame Anzettelungen zwischen den Höfen van Berlin. Wien und Dresden gestiftet hatte. Der König haßte die Franzosen als deutscher Patriot, hatte vor dem Kaiser trotz mancherlei Spannungen eine tiefcingcwurzcltc Ehrfurcht, war seinem stolzen englischen Schwiegervater niemals zugethau und noch ärgerlicher über ihn, als er wahrnahm, daß jener wenig Ernst und Eifer hatte, die Doppclheirath wirklich zum Vollzug kommen zu lasten. Zudem war er unklar, bedenklich und miß trauisch über die eigentlichen Ziele des Bundes. So war cs denn nicht schwer, den König zu dem Wusterhaufer Vertrag zu bringen, der gegen die preußische Anerkennung der österreichischen Erbfolgeordnung, eine ziemlich nichtige und später offenkundig ver letzte Zusicherung hinsichtlich der Erwerbung des Herzvgthums Berg nach dem bevorstehenden Erlöschen der pfalz-ncuburgischen Linie gewährte, ein Ziel, das bei Friedrich Wilhelm im Vordergrund aller politischen Berechnungen stand. Die Trennung des Königs von den Westmächten war ein Meisterstück Seckendorfs. Bald darauf verlor freilich die Si tuation, die um jene Zeit unmittelbar zum europäischen Krieg zu führen schien, viel von der Spannung, und damit sank auch die Bundcsgcnostcnschaft Preußens im Werthe; doch aber war die österreichische Politik sorgfältig bestrebt, den König Friedrich Wilhelm bei dem Bündniß sestzuhaltcn, ihn von den Weltmächten zu trennen und besonders mit England zu verfeinden. Dies gelang auch vollständig. In dem Berliner Vertrag wurden die Wusterhaufer Abmachungen erneuert, Preußen gab sich zum hauptsächlich sten Bürgen der Gewährleistung der kaiserlichen Erblonde und der pragmatischen Sanction her, versprach dem künftigen Gemahl der österreichischen Erbtochter seine Stimme bei der Kaiserwahl, wogegen dem König Friedrich Wilhelm das Herzogthum Berg auf's Neue zugesichcrt wurde. Allein wir werden sehen, daß diese Zusage nie ernstlich gemeint war und nie erfüllt wurde. Zu spät erkannte der König, daß er sich durch die österreichischen Umtriebe hatte bethören lasten. Hand in Hand mit der politischen Entfremdung zwischen Preußen und England ging die persönliche der Monarchen. Die Jahrelang fortgesetzten Heirathsprojecte, die in ganz Europa als eine Staatsaction ersten Ranges behandelt wurden, stießen auf die manchfachstcn Hindernisse; von englischer Seite suchte man diese Angelegenheit immer zu politischen Combinationcn auszubeutcn und der König von Preußen fürchtete, eben dadurch in die Abhängigkeit von dem mäch tigeren England zu gerathcn und in eine Richtung gedrängt zu werden, die seiner dcr- maligen Ergebenheit gegen den Kaiser widersprach. Es kam hinzu die Abneigung gegen den hochfahrenden Schwager, der die Hcirath fast als eine Gnade angesehen wisse» wollte, das Hetzen der kaiserlich gesinnten Hofpartei, die manchfachsten Bedenken po litischer und persönlicher Natur. Das Ehcproject wurde immer aussichtsloser und als endlich der englische Hof - Ernst machte und den Ritter Hotham zu einer förmlichen April i7Zo. Werbung nach Berlin sandte, zugleich aber auch mit dem Auftrag, den Minister Grumbkow als Vcrräthcr anzuklagcn, seine Entfernung zu verlangen, die kaiserlichen Jntriguen zu zerreißen: da fühlte sich der König aufs Tiefste verletzt, daß man in seine Angelegenheiten eingrcisen, ihm in seinem Hause Gesetze verschreiben wolle. Im Zu sammenhänge mit diesen Vorgängen wurden die häuslichen Verhältnisse am Berliner Hof von Tag zu Tag unerfreulicher, die Entfremdung zwischen Vater und Sohn wuchs mehr und mehr. Endlich wurden die Unterhandlungen mit London durch eine traurige Katastrophe in der preußischen Königsfamilie völlig abgebrochen. Ausbund Die erste Erziehung des Kronprinzen Friedrich, wie auch bereits die des ^ dss Kid Baters hatte die würdige Frau von RoconIIcs geleitet, eine geflüchtete Huge- »nch. ,a-b. nottin, aus deren Umgang der Knabe namentlich die Vorliebe für die französische '>7iL Sprache zog, die er zeitlebens bewahrte. Dann war der General Graf Mucken-