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ein Herz halte und an der Verbesserung des Heerwesens unermüdlich und erfolg reich arbeitete, der im schwedischen und ini spanischen Erbfolgekrieg Proben eines hervorragenden Fcldhcrrntalents und eines schneidigen Muthcs abgelegt hatte, prägte sich der Erinnerung der Zeitgenossen und Nachkommen tief ein als der Typus der guten alten preußischen Soldatenart. Von seiner rauhen, selbst rohen und doch wieder leutseligen Weise, seinem naturwüchsigen Witz, seine» genialen Kraft- und Kcrnwortcn wußte das Volk noch in späten Zeiten einen reichen Schatz von Anekdoten zu erzählen, und auch der Soldatcnabcrglauben heftete sich an den alten Helden, der kugelfest und gefeit in so vielen Schlachten gefuchten. Da bei war Leopold von Dessau von viel natürlichem Verstand und angeborner Schlauheit, keineswegs so ungebildet, wie er sich selbst den Anschein gab, sogar literarisch thätig; er wußte einen sehr nachhaltigen und tiefgehenden Einfluß vermöge seiner Herrschsucht und geistigen Ueberlegenheit auf seinen königlichen Verwandten auszuüben. Die politischen und persönlichen Ziele und Interessen dieser hochstehenden Männer kreuzten sich meistens mit denen der Königin Sophie Tochter Georgs I. von Hannover-England, einer feingcbildctcn Frau und treff lichen Mutter, die unter der häuslichen Tyrannei des Königs und seiner oft rauhen Behandlung viel zu leide» hatte. Die entgegengesetzte Einwirkung der feindlichen Hofpartcicn, der angesehensten Günstlinge und der Königin, auf den Monarchen, der von nngenblieklichen Einflüssen und Eindrücken, von wechselnden Gefühlsaufwallungen abhängig, trotz seines Argwohns leicht zu gewinnen, «ber auch schwankend und unsicher war, erzeugte oft recht unerquickliche Jntrigucn und Umtriebe, die in die großen Fragen der auswärtigen Politik wie in die persönlichen Verhältnisse der königlichen Familie bestimmend eingriffcn. Bei der innigen Wechselbeziehung zwischen den häuslichen und politischen Angelegenheiten bestand die Ausgabe eines Grumbkow und Seckendorf oft geradezu in der Stiftung von Familien Hader, und sie haben sich dieser Aufgabe mit viel Erfolg erledigt. Die Königin strebte mit zäher Ausdauer nach einer engeren Verbindung der ihr Das englische so nahe stehenden Häuser Preußen und England-Hannover; eine Doppelheirath zwischen um"srrojrci. ihren beiden ältesten Kindern, dein Kronprinzen Friedrich und dessen Schwester Wilhclminc und den Kindern ihres Bruders Georg II., war der Lieblingsgedanke ihres Herzens, «ich. ' und in der Thal gelang cs ihr, die Ehcverabredung zwischen den beiden Höfen zu Stande zu bringen. Hand in Hand damit ging der Abschluß der Herrenhäuser Allianz 'S. 871) mit England und Frankreich gegenüber dem gefährlichen Bund Oesterreichs und Spaniens, der dem damaligen europäischen Territorialbestand wie der protestan tischen Religion gleichermaßen bedrohlich war. Den preußischen König in das öster reichische Interesse zu ziehen, war nun das eifrigste Anliegen Seckendorfs und seines Genossen Grumbkow, und cs gelang diesen verschlagenen Männern bald, dem Monar chen schwere Bedenken gegen den englisch-französischen Bund einzuflößen. In dem ver schlungenen Gewebe der auswärtigen Politik, das er nicht durchschaute, konnte sich Friedrich Wilhelm nicht zurecht finden; schwankend und unbeständig neigte er bald dahin, bald dorthin. Seine natürliche Unsicherheit und sein Mißtrauen war vor Jahren noch gesteigert worden durch die vcrrätherischen Umtriebe des ränkesüchtigen diplomatischen Weber, Weltgeschichte. XII. 59