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828 O. Das achtzehnte Jahrh. in de» vier ersten Jahrzehnten. Haltern aufs Acußcrste beschränkt : wir wissen bereits, daß Christian Wolf, besten Philo sophie den Rechtgläubigen anstößig war, den Befehl erhielt, „bei Strafe des Stranges" innerhalb vicrnndzwanzig Stunde» Halle zu verlassen (S. 742-. Allein Sektcuwcsen und rationalistischer Aufklärung war Friedrich Wilhelm von Herze» feind, wenn er auch nicht von der bereits traditionellen Duldsamkeit der preußischen Monarchen abwich. Ein guter Protestant und ein Mann von festem Glauben kränkte er doch auch andere Con- sessioncn nicht in ihren Rechten; dafür verlangte er aber anch, daß seine GlaubcnSgc- nosscn anderswo nicht mißhandelt würden, und trat sehr energisch für die Protestanten ein. wo immer sie gedrückt und in ihren Rechten verkürzt wurden. Wie wenig der König von höherer Geistesbildung hielt, daS zeigte sich namentlich in der unwürdigen Be handlung der Universitäten und anderer wissenschaftlichen Institute. Die Akademie in Berlin, die prunkvolle Schöpfung seines Vaters, war nahe daran, völlig cinzugchcn: man mußte dem König vorstellcn, sie lasse sich zur Ausbildung von Wundärzten benutzen, damit sic nur nothdürftig ihr Dasein fristen konnte. Zum Präsidenten wurde Jacob Paul Gundling, ein Bruder des angesehenen StaatSrechtslchrers und Historikers in Halle, ernannt, ein Mann nicht ohne Kenntniste, der dein König auch als Zcitungs- refcrcnt diente, aber wegen seiner Trunksucht und seiner pedantischen dünkelhaften Gc- lehrtcnmanieren der ganzen Residenz und insbesondere dem „Tabakscollegium" eine unerschöpfliche Quelle des Acrgernistes und des Spottes. Er und seine Nachfolger, darunter auch Faßmann, der Biograph des Königs, mußten cs sich gefallen lasten, ge radezu als Hofnarren, lustige Räthe und als Zielscheibe der plumpsten Speiste behandelt zu werden. Das waren die Nachfolger von Leibniz! So geringschätzig Friedrich Wilhelm die gelehrten Prunkanstalten behandelte, so sehr er es liebte, sich über die steife, hochmüthige und unnütze Profcssorenwcisheit lustig zu machen, so bereitwillig erkannte er auf der andern Seite den Werth des nicdern Volksunterrichts an, der den Leuten Bibelkunde, Rechnen, Schreiben und andere brauchbare Kenntniste beibrachtc. Des Königs Fürsorge war überall vorzugsweise auf die unteren Schichten des Volkes gerichtet; er haßte den gesellschaftlichen und geistigen Firniß der höheren Welt. ^itmgä'ünq So eifersüchtig und mißtrauisch Friedrich Wilhelm die Selbständigkeit seiner u°>> s-»nilie. Entschlüsse und Handlungen zu wahren suchte, so war er doch abhängig und lenkbar, wenn man ihn geschickt zu behandeln verstand. Einen dauernden und mächtigen Einfluß übte der General und Minister Friedrich Wilhelm von Grumbkow, ein jovialer Lebemann, gewandt und geschmeidig, aber anch höchst intrigant, selbstsüchtig und, um die Mittel zu seinem Aufwand zu bestreiten, bestechlich, deshalb auch zuletzt in Ungnade entlassen. Die Thronbesteigung Friedrichs II., zu dessen Mißverhältuiß mit dem Baker er so viel beigetragen, erlebte er nicht mehr. Neben ihm wußte der kaiserliche Gesandte, Graf Friedrich Heinrich von Seckendorf, ein tüchtiger General und feiner verschlagener Diplo mat, aber voll Habsucht und Falschheit, in den entscheidendsten Jahre» ans des Königs auswärtige Politik bestimmend cinzuwirken. Die angesehenste Person Hofe, recht ein Mann nach des Königs Herzen war der Fürst Leopold ,e7s->747. pon An Halt-Dessau, unter dem Namen des „alten Dessauer" eine der Volks- thümlichsten Figuren der preußischen Geschichte. Das derbe, alle feine Bildung und Sitte mit offenem Hohn verschmähende, dabei aber leutselige und biedere Wesen des tapferen Kriegsmannes, der gleich dem König nur für den Soldaten