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IV. Der Norden und Nordoslen nach Karls XII. Tod. 911 dein Vorschlag, daß wahrend dessen Minderjährigkeit Biron, Herzog von Kur land die Regentschaft führen sollte, gab sie ihre Zustimmung. Am 28. Oktober slarb die Kaiserin und sofort übernahm der Günstling das hohe Amt. Er glaubte seiner Sache ganz sicher zu sein. Hatten denn nicht die ersten Würden träger und Adelshüupter ans Bestuschews Betreiben ihn zum Regenten begehrt? Selbst Ostermann hatte nicht zu widerstehen gewagt. Die Herzogin Anna und ihr Braunschweiger Gemahl, zwei unbedeutende Personen von geringen Gaben, fügten sich, wenn auch widerwillig in die untergeordnete Stellung. Aber der entschlossene Feldmarschall Münnich, welcher wußte, wie tief verhaßt der über- niüthigc tyrannische Emporkömmling bei allen Ständen war, bewirkte durch einen Staatsstreich einen revolutionären Umschwung. Er ließ in der Nacht durch die Preobraschenskysche Garde den Herzog-Regenten in seinem Palaste verhaften und nach Schlüssclburg bringen, worauf Anna Leopvldowna als „Großfürstin" die vormundschaftliche Regierung übernahm, ihren Gemahl Anton Ulrich zum Ober befehlshaber der Landarmer und den Grafen Münnich zum „Premierminister" ernannte. Biron wurde von einer besonder» Gerichts-Commission, welche aus denselben Männern bestand, die ihn vor Kurzem von der sterbenden Kaiserin zum Regenten erbeten hatten, als Staatsverbrecher zum Tode verurtheilt, ein Spruch, den die Großfürstin Rcgentin in ewige Verbannung nach Sibirien mit Verlust seines Vermögens und aller Würden und Aemter verwandelte. Die Kaiserin ruhte erst drei Wochen in der Gruft, als ihr Günstling von der Höhe der Macht herabgestürzt war und mit seiner Familie in einem sibirischen Kerker schmachtete. Aber die neue Ordnung war ohne Dauer. Am Hofe wie im Eabinet und be herrschte Zwietracht und Leidenschaft. Die Großfürstin-Regentin war träge und <740-41. unselbständig; ohne Zuneigung für ihren Gemahl wendete sie ihre Gunst dem sächsischen Gesandten, Grafen Lynar zu, den sie, um seines Umgangs desto ungeschcuter genießen zu können, mit Julie Mengden, ihrer livländischen Hof dame verlobte. Münnich aber, der sich eine diktatorische Gewalt anmaßte, lebte nicht nur mit dem Hofe und den einflußreichen Gesandten von Sachsen und Oesterreich, Lynar und Botta, in ewigem Hader, sondern auch mit Ostermann und andern Mitgliedern des Cabinets, so daß, als bei Ausbruch des öster reichischen Erbfolgekricgs eine seinen Ansichten widerstrebende Politik ergriffen ward, er seinen Abschied forderte und erhielt. Ans altem Groll wider Oesterreich wünschte Münnich nämlich den Anschluß an Preußen, während Ostermann, die Rcgentin und der Herzog Aüton Ulrich für Maria Theresia Partei nahmen. Diese Zerwürfnisse begünstigten einen neuen Staatsstreich, bei dem derDi-P-n-m- französische Gesandte La Chetardie insgeheim seine Hand-im Spiel hatte. Es«om D-c-m- war der Pariser Regierung sehr viel daran gelegen, daß Rußland nicht mit der " »Königin von Ungarn" gemeinsame Sache mache. Sie wünschte daher das „Fremden-Regimcnt", das der Mehrheit »ach zu Oesterreich neigte, zu beseitigen