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865 III. Das südliche und westliche Europa. spanische Gesandte Cellainare, bei dein die Fäden der Umtriebe zusammenlicfen, über die Pyrenäen geschafft, die Häupter eines Adclscomplots in der Bretagne des Hochverraths angcklagt und hingerichtet, dem Parlament in einer Thron- sihung die frühere Unterordnung in Erinnerung gebracht. Bald wurde auch Kaiser Karl VI., dem die Bourbonsche Regierung in Madrid die ehedem spanischen Besitzungen in Italien zu entreißen suchte, zum Beitritt bewogen, wodurch die Tripplcallianz sich erweiterte. Zum Dank für diese Verdienste um Erhaltung des Friedens wurde Dubois, dem der Regent das Erzbisthum Cambray übertragen, von den verbündeten Potentaten dem römischen Stuhl für den Cardinalshut empfohlen. Die Curie trug Bedenken, die hohe kirchliche Würde einem Manne Dub^r F>ir- zu crthcilcn, dessen Gesinnung und Lebenswandel so sehr mit dem geistlichen Primm- Charakter in Widerspruch standen. Aber seine erfolgreiche Thätigkcit um die"""""' Beilegung des Jansenistischen Streites unter dem französischen Klerus und die hohen Verwendungen gaben endlich den Ausschlag zu seinen Gunsten. Die Be denken wurden in Rom überwunden und Dubois zum Cardinal erhoben. SoJuttirri. trat denn der merkwürdige Fall ein, daß in einer Zeit der größten Unsittlichkcit und Frivolität, da die hohe Gesellschaft in Lüsten und Genüssen, in leichtfertigem Geist und Witz schwelgte, ein Würdenträger der Kirche in Frankreich eine vor liegende Stellung in den politischen und religiösen Angelegenheiten behauptete; denn der Regent machte ihn zu seinem ersten Minister und alle Parteien buhlten um seine Gunst und seine Unterstützung. Und so gewandt und stantsklug war der geistliche Leiter des auswärtigen Amtes, daß er nicht nur im Innern die höchste Autorität besaß, sondern auch mit Spanien, wo Albcroni hauptsächlich durch seine Veranstaltungen und Kabalen zu Fall gebracht wurde, das gute Berhältniß wieder herstellte und zugleich von dem englischen Hof begünstigt ward. Dubois trug sich mit dem Gebauten, die Rolle Richelieus und Mazarins zu Tc^i-s^ liederholen; da schnitt plötzlich die Parze seinen Lebensfaden entzwei. Die»ndd-s sicheren Ausschweifungen rächten sich an ihm und an dem Regenten, der seinem Zehrer und Verführer noch in demselben Jahr ins Grab nachfolgte. „Er war in Gesellschaft einer Dame," erzählt Ranke, „die für seine Buhlerin galt und die 'hm damals durch anregendes Gespräch und Lectüre die Zeit zu kürzen pflegte; 'Mes Tages, noch im Zuge der Unterhaltung, indem er sich vom Stuhle erhob, "M zum König zu gehen, sank er zusammen und war nicht mehr. Ein apoplck- Ner Schlag, wie sie in diesem Hause so häufig Vorkommen, hatte auch ihn be- ^D«rr. ^ffen. Die Dame verfiel in Wahnsinn; das Volk sah einen Faust in ihm, ^iseii Pakt niit dem Bösen in dieser Stunde abgelaufe» sei." Mittlerweile war der junge König Ludwig XV. in das Lebensalter Ekcten, daß er nach französischem Gesetze als volljährig betrachtet werden Eo»d^Lu°- linte. Noch zu Lebzeiten des Regenten und seines Ministers war die Ceremonie Vwmsh-' /r Krönung und Salbung mit großer Pracht in Rheims gefeiert worden. Aber'"""' 'Eme Jugend und Unerfahrenheit bedurfte noch immer einer leitenden Hand. So W-b-r. W-ltgkschichtk. XII. 55