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I. Der spanische Erbfolgekrieg. 823 Ministerium entfernte und die Leitung der öffentlichen Dinge den Tories über trug. Die Leiter des neuen Cabincts, der Lordkanzler Harlcy (Graf Oxford) und Henry St. John, in der Folge Lord Bolingbroke, wünschten nunmehr die Be endigung des Krieges, um den Herzog von Marlborough, dem sie ans Rücksicht auf die öffentliche Meinung und die hohe Volksgunst den Oberbefehl über das Heer nicht ganz zu entziehen wagten, entbehrlich zu machen und ihn von jedem Einfluß auf den Gang der Staatsgeschäste zu entfernen. Sie gaben daher im größten Geheimniß dem französischen Minister Torcy einen Wink, daß man in England einem friedlichen Uebereinkomincn nicht abgeneigt sei. Wie freute man sich in Paris über eine solche Aussicht! Das Vorhaben der Tories wurde wesentlich gefördert durch die Nachricht, daß Kaiser Joseph I., der eifrigste Förderer des Kriegs gegen die Bourbons, Oesterreich, plötzlich ohne männliche Nachkommenschaft gestorben und dadurch derselbe Habs- kurzer, für den die spanische Monarchie erobert werden sollte, Erbherr des großen Reiches im Osten geworden sei. Nunmehr konnte es nicht im Interesse der fremden Mächte und des europäischen Gleichgewichts liegen, den österreichischen Länder- niassen auch noch die spanischen beizufügen und dadurch abermals eine Habs burgische Uebermacht zu schaffen wie zur Zeit Karls V. Zwar wurde der Bund äußerlich immernoch aufrecht erhalten: Der Erzherzog versicherte, daß er die ganze Macht seines Hauses einseßen werde, um sein Erbrecht zur Geltung zu bringen, und auch in England unterließ man nicht, die Verbündeten zur festen Eintracht und zum standhaften Ausharren zu ermahnen; aber schon war das Fundament der Allianz unterwühlt. Jndeß die drei Staatslenker und Heer führer Alles aufboten, um die bisherige Kriegspolitik aufrecht zu halten und die Demüthignng Frankreichs zu vollenden, wurde ihnen der Boden unter den Füßen iveggezogen. Sie arbeiteten an einem Werk, das bereits dem Einsturz nahe war. Einige Monate nach des Kaisers Tod meldete sich derselbe Dichter Prior, der einst die Botschaft vom Abschluß des Ryswicker Friedens über den Kanal England, getragen, der intimste Vertraute Bolingbrokes in Versailles zur Audienz. Sie^Ulru. wurde ihm mit Freuden gewährt; aus dem Munde des Königs und der Frau von Maintcnon empfing er die Versicherung, daß man sich gerne mit England verständigen würde. Bald nachher wurde ein französischer Bevollmächtigter, Mesnager, der in handelspolitischen Dingen für besonders erfahren galt, von Bolingbroke nach Windsor geleitet und auf einer verborgenen Treppe heimlich der Königin vorgeführt. Das in selbstsüchtigem Sonderinteresse geplante Com- Vlott mußte das Licht vorzeitiger Veröffentlichung vermeiden. — Noch vor Ende des Jahres wurde das Parlament auf die große Frage vorbereitet, indem die Thronrede der Hoffnung auf baldige Beendigung des Krieges lebhaften Ausdruck gab. Im Unterhaus, wo die Tories in Folge neuer Wahlen die Mehrheit bildeten, fanden die Friedcnsklänge viel Beifall; die Lords dagegen standen »och zum größeren Theil unter dem Einfluß der Marlborough'schen Politik: sie