I. Der spanische Erbfolgekricg. 789 keime», aber er knüpfte zugleich Verbindungen mit dem kaiserlichen Has in Wien an. Bereits wurde in Flugschriften auf die Gefahren hingcwicsen, welche Religion, Freiheit und Handel in England von der Herrschsucht Ludwigs XIV. zu be fürchten hätten, und auf die Nothwendigkcit, diese Gefahren mit den Waffen ab- zuivcndcn. Man faßte bereits die Möglichkeit einer neuen französischen Invasion ins Auge. Als das torystische Unterhaus immer noch an der Friedensidec fest- hiclt, wurden Adresse» im Lande und in der Hauptstadt veranstaltet, daß man den König in Stand setzen solle, seinen Verbündeten Hülfe zu leisten. Die Whigs gewannen inimcr mehr Boden, das Ansehen des Königs stieg mit den Antipathien gegen Frankreich. Als der Versailler Hof sich aufs Neue mit der englischen Successionsfrage beschäftigte und neben dem Prinzen von Wales auch die Erb- ansprüchc der an Victor Amadeus vermählten Prinzessin von Orleans aus dem Hause Stuart begünstigte, erblickte man darin einen Versuch Ludwigs XIV., auch England in die dynastische Solidarität zu ziehen. Als Gegenschlag erfolgte die rasche Bestätigung der hannoverischen Erbfolgeakte durch den König und die3u"i >7«,. beiden Häuser. — Nicht minder eifrig in dem Widerstand gegen Frankreichs Vergrößerungssucht zeigte man sich in den Generalstaaten, Ivo Heinsius ganz im Sinne des Oranicrs handelte. Vergebens suchte der französische Bevollmächtigte UnA-nA d'Avaux in den Haager Conferenzen die Scestaatcn zu trennen: er empfing die Antwort, die Interesse» beider Nationen seien unauflöslich verbunden. In einer Denkschrift wurde dargcthan, daß die Herrschsucht Ludwigs zugleich die Sicher heit von England und die Existenz von Holland bedrohe; daß man die Allianz mit dem Kaiser erneuern und dem Hause Oesterreich den Besitz von Belgien und Mailand verschaffen müsse, damit nicht durch die Bourbonsche Uebermacht das europäische Gleichgewicht allzusehr gefährdet würde. Wilhelm III. erlangte wieder eine Autorität wie ehedem: Auf beiden Seiten des Meeres legte man bertraucnsvoll die Entscheidung der kommenden Dinge in seine Hand; um nicht von der öffentlichen Meinung überflügelt zu werden, wetteiferten alle Parteien in Ergebenheit und Loyalität. Die Männer des Friedens verloren mehr und mehr den Boden unter den Füßen. Im Haag wurde dem französischen Botschafter kund gegeben, daß man Oesterreich zu den Conferenzen bcizichcn und ihm durch Ueberlassung der beiden Provinzen eine „Satisfaction" bieten müsse. Wäre aber dadurch nicht die Rcchtsgültigkcit des Testaments in Frage gestellt worden? Die Erhaltung der Einheit und Integrität der Monarchie war ja die Fundamental- dedingung und das Hauptmotiv der letztwilligen Verfügung Karls, II. Am kl. August wurde d'Avaux abberufen. Um dieselbe Zeit überbrachte eine glänzende Gesandtschaft, an ihrer Spitze Lord Macclcsfield, dessen Vater einst der Böhmenkönigin Elisabeth nahe gestanden, das Document des englischen Thronfolgegesetzes der Kurfürstin Sophie nach Hannover. Wir sind dieser geistreichen Frau, der Gönncrin von Leibniz schon mehrmals begegnet. Als sie dem braunschweig-lüneburgischen Fürsten Ernst August aus dein