Volltext Seite (XML)
Frankreich und Holland bereist hatte und in lateinischer, französischer und holländischer Sprache zu schreiben und zu dichten vermochte. Zescn entfaltete eine große literarische Thätigkeit: er war Dichter, Romanschriftsteller, Aesthetiker und Gelehrter, aber wegen seiner wunderlichen Grillen und Sonderbarkeiten viel verspottet und angefcindct, hatte er manche literarische Fehde auszusechtcn, manche Schmähung und Nachrede zu bestehen. 1 Trotzdem daß er von seinem Anhaltschcn Fürsten fortwährend in Ehren gehalten, von Dänemark beschenkt, von dem Kaiser geadelt und mit der Pfalzgrafenwürde begabt, von den holländischen Gelehrten Grotius und Vossius empfohlen ward, fand er doch keine rechte Geltung und hatte mit Arniuth und Widerwärtigkeiten aller Art zu kämpfen. Lesen war der Stifter und das Haupt der ,.dcutschgcsinnten Genossenschaft," die sich die Reinheit der deutschen Sprache, die Beseitigung von Fremdwörtern und undeutschen Ausdrücken, die Verbesserung der Grammatik und Rechtschreibung zur Aufgabe setzte, ver flieg sich aber in seinem Eifer für Purismus zu unsinnigen lächerlichen Verdeutschungen und zu wunderlichen orthographischen und etymologischen Einfällen. Selbst die mytho logischen Götternamen sollten durch deutsche Begriffswörtcr ersetzt, Jupiter zum „Erz gott", Juno zur „Himmclinne", Pallas zur „Kluginne", Venus zur „Lustinne" umge- wandclt werden. Schon mit einundzwanzig Jahren verfaßte Zescn einen „Hochdeutschen Helicon oder Grundrichtige Anleitung zur hochdeutschen Dicht- und Rcimkunst", worin er eine größere Manichfaltigkcit der dichterischen Formen und Vcrsartcn nach der Weise der Italiener, des Marini und seiner Schule empfahl sX., 353 f.); aber seine eigenen Dichtungen litten trotz seines Gefallens an anapästischcn und daktylischen Versen ganz an dem schlechten Geschmack der Zeit; seine Fischartschen Wortspielereien und sein Reimgeklingel reizten zur Spottsucht und zu gehässigen Kritiken. Wenn die Gedichte und Lieder, die er in dem „allzuhitzigen Praddcl der vollblütigen Jugend" verfaßte, die „Jugendflammcn" und „das dichterische Rosen- und Lilicnthal", noch einiges natürliche Gefühl, noch Sinn für Liebe und Wcltlust verricthcn; so verfiel er in den Gedichten seiner späteren Zeit, in seinen „Gekreuzigten Licbcsflammcn", oder „geistlicher Gedichte Borschmack", in seiner poetischen Behandlung der Nachahmung Christi von Thomas a Keinpis u. a. ganz in religiöse Mystik, in eine elegisch-empfindsame Poesie, die besonders den frommen Frauen zusagte, von denen er daher auch sehr gefeiert ward und denen er Zutritt zu seiner Genossenschaft gestattete. Am meisten machte sich Zescn bekannt durch Rvniane im französischen Geschmack, theils Nachbildungen, theils Über setzungen der Scudcry sS. 704. 7ll), durch seine „Verschmähte, doch wieder erhöhte Majestät" eine romanhafte Erzählung der „Begebnisse Karls II. König von England"; durch seine „Beschreibung der Stadt Amsterdam", die von feinem Beobachtungssinn zeugt. Dagegen sind der Lchrroman „Assenat", worin an die Liebesgeschichte Josephs zur Tochter des Oberpricsters von Hcliopolis allerlei Ansichten über orientalische Altcr- thümer, über Staat, Kunst, Gesellschaft und Religion der Aegyptcr geknüpft werden und „Simlon", dessen Helden- und Liebesgeschichte den Zettel oder Aufzug eines geschicht lichen Gewebes bilden, in das dann allerhand Gelehrsamkeit und Weisheit in geschmack loser Breite und bombastischer Rede cingeschlagcn wird, eine unglückliche Verquickung ^Cchupp von Kunst und Gelehrsamkeit. — In Hamburg verbrachte auch Joh. Balth. Schupp ^ ' aus Gießen seine letzten Lebensjahre als Pastor zu St. Jacob, ein Dichter und vielsei tiger Schriftsteller. Am bekanntesten machte er sich durch seine in Lucianischer Gesprächs form verfaßten Satiren sRcgentenspiegel; Deutscher Lucianus; Kalender; Geplagter Hiob; Freund in der Noth u. a.), welche durch die unbefangene Auffassung der Wclt- verhältnisse, durch die frische Bolksredc, durch geschickt cingeflvchtcnc Schwänke zu den besten Produkten des Jahrhunderts zu zählen sind. „Was Schupp schreibt und predigt, Erzählung, Abhandlung, Streitschrift, Litanei u. s. w., Alles wird durch seine voll