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744 k'. Literatur und Geistesleben. graphischen Werken behandelte Pufendorf die Geschichte von Schweden unter Karl Gustav und von Brandenburg unter Friedrich Wilhelm dein großen Kurfürsten und seinem Sohne Friedrich. Religiöse Wenn die Philosophie mehr und mehr auf Wege gerieth, welche das Mißtrauen u. Literatm? der dogmatischen Rechtgläubigen erregten, so hielt sich um so mehr die Dichtkunst auf dem kirchlichen Boden. Der evangelische Kirchengcsang, wobei sich Dichter und Tonmeister zum harmonischen Bunde die Hände reichten, die religiöse Empfindung durch entspre chende Melodien gehoben ward, war gleichsam das neutrale Gebiet, auf dem die theologische» Entzweiungen und Kümpfe zur Ruhe kamen. Wir haben in den beiden vorhergehenden Bänden sX, 918; XI, 742) das Kirchenlied in seiner Entwickelung und Bedeu tung für das religiöse Leben der Reformativnszeit kennen gelernt; dieser Zweig dcS Gottesdienstes und der frommen Gemüthserhcbung wurde auch im siebcnzchnten Jahr hundert fort und fort geübt und ausgcbildet und gestaltete sich zum gefühlvollsten Ausdruck der Seelcnstimmung und der Andacht in den Tagen der Trübsal und der Kricgsnoth. Eine warme und nachdrucksame Anregung zu innerer Vertiefung in Gott gab ein Prediger, der in den ersten Kricgsjahren in Celle als Superintendent ge- starken ist — Johann Arndt. Sein Gebetbuch „das Paradicsgärtlcin" und noch mehr ' seine „vier Bücher vom wahren Christcnthuin" waren für die Zeitgenossen und für alle nachfolgenden Geschlechter ein Licht und Leitstern in dunkeln Tagen. Die religiöse Innerlichkeit und die einfache treuherzige Bibelsprüche Luthers, die unter den Kämpfen der Theologen über unerklärbare Glaubenssätze und symbolische Rcchtgläubigkeit aus der Schrift und von der Kanzel verschwunden war, wurde in den Andachtsbüchern Arndts dem Herzen des Volkes wieder zugesührt. Nachdem er in dem „Buch der Heil. Schrift" zur Wicderaufrichtung des Bildes Gottes im Menschen Anleitung gegeben, im „Buch des Lebens" gelehrt, wie durch Christus Sünde und Leid überwunden werde, zeigt er im „Buch des Gewissens", wie das Reich Gottes als ein inneres Licht in der Seele erweckt werden müsse und im „Buch der Natur", wie Welt und Natur von Gott Zeugniß gebe und zu Gott führe. Wie das Buch von der Nachfolge Christi hat sich auch das Werk Arndts bis aus die Gegenwart als Andachtsbuch erhalten und manches Herz erhoben und getröstet, wenn gleich die mystischen Anklänge in der Zeit des steifen Dog- menglaubcns dem „deutschen Fenelon", wie man den Verfasser in der Folge hier und da bezeichnet hat, viele Anfechtungen von Seiten der Orthodoxen zugczogcn haben. Arndt Kirchenlied, stammte aus dem Anhalt'schen, wo seit den Anfängen der Reformation ein für Bildung und Humanität empfängliches Fürstcngeschlecht regierte. Dort entstand auch der Pal menorden, dessen Mitglieder neben der Förderung der Sprache und der Hcrüberführung fremder Literatureczeugnissc auf den vaterländischen Boden sich besonders die Fortbildung des Kirchenliedes zur Ausgabe stellten. Wir werden in den folgenden Blättern die Männer kennen lernen, die nach dem Vorgänge des Dichtcrhauptcs Opitz die kunstreicheren For men, die „geputzteren Reime" auch in die religiöse Poesie einführtcn. In den Psalmen Davids fanden sie alle Stimmungen ausgeprägt, welche die Wcchselsälle des Lebens auch in ihrer Brust erzeugten, den Schmerzensschrei in Angst und Noth, den Trost und das Vertrauen auf göttliche Hülfe, die Kraft des Gebets und den Lobgcsang für die Rettung aus Trübsal und Anfechtung. Die Psalmen wurden daher auch fort und fort übersetzt und nachgebildet. Alle die Dichter, die neben und nach Opitz den Musen des Helicon dienten, die Fleming, Rist, Herrmann, die Neumark, Andrcä, Gryphius waren zugleich beflissen, das evangelische Kirchenlied in den kunstmäßigcn Formen und der correctcn Sprache und Versart der modernen Poesie auszubilden. Die bekanntesten Lie der, die noch jetzt die protestantischen Gesangbücher zieren, stammen aus der drangsal- vollen Zeit des siebenzehnten Jahrhunderts. Wenn durch diesen Drang der Seele z»