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732 Literatur und Geistesleben. lungen und Briefe zur Vorbereitung und Ergänzung dienen. Dieses als ..Ethik' bc> zeichnete Wissenschaftsgcbäudc behandelt in fünf Abtheilungen die Lehre von der Substanz oder Gott Metaphysik), von der Natur und dem Ursprung der Seele Physik). van den Affcctcn (Psychologie) und von der Macht des Denkens oder der menschlichen Freiheit (Ethik). Den cartesianischen Gegensah von Sein und Denken, von Geist und Körper verwerfend legte Spinoza einer höchsten Substanz, der Gottheit, allein wirkliches u»cnd> liches Sein bei, während die endlichen Dinge nur Schcinsubstanzcn, nur Modi oder Attribute der der Gottheit innewohnenden unendlichen Ausdehnung und des unendliche» Denkens seien. Die ewige absolute Substanz, die Vereinigung von Gedanken und Kraft, ist sowohl die Ursache ihrer selbst als alles Einzelnen; sic ist das „All Eine und Allge meine, welches in allein Besonderen und Individuellen sich selbst als in seinen nahem Bestimmungen und Zuständen darstcllk', die innere (immanente), nicht äußere stransicnte) Ursache der Gesammthcit der endlichen Dinge, der Erschcinungswclt. „Alle Dinge siud nur Modisicationcn, heißt cs bei Zeller, alle Vorgänge nur Wirkungen der Einen Sub stanz Gott und die Welt, die schöpferische und die geschaffene Natur sind Ein und das selbe, nur unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet; was wir als Einheit Gott nenne», nennen wir als Vielheit, als Totalität aller seiner besonderen Erscheinungsformen die West! was sich unserer Einbildungskraft unter der Form der Zeit darstellt, das erkennt unser Denken unter der Form der Ewigkeit, als Ein ungcthciites, unveränderliches, unendliches Wesen, welches wir aber ebendeshalb nicht wieder in ein Einzelwesen verwandeln, nicht mit Eigenschaften, die nur endlichen Wesen zukommen können, wie Verstand und Wille», begaben dürfen". Es gibt keine Zufälligkeit sondern nur Nothwendigkeit, die in Gab mit Freiheit verbunden ist, weil er die einzige Substanz ist, deren Wesen und Wirke» durch keine andere beschränkt oder bedingt wird. „Gott bewirkt alles Einzelne nur mit' telbar, durch anderes Einzelnes, womit es in Causalncxus steht, cs gibt kein unmittel bares Wirken Gottes nach Zwecken, kein Wunder und keine causalitätslose menschliche Freiheit". Zwischen den Modifikationen des Denkens und der Ausdehnung besteht kei» ursächlicher Zusammenhang sondern eine durchgängige Uebereinstimmung, ein voll kommener Parallelismus, darin begründet, daß beide Attribute einer und derselbe» Substanz sind; daher trifft die Ordnung und Verbindung der Gedanken immer mit bet Ordnung der ausgedehnten Dinge zusammen: „indem jeder Gedanke immer nur die Zdcc des zugehörigen Modus der Ausdehnung ist". Aber nicht alles Denken ist gleiche Art. Es gibt eine Stufenfolge in der Klarheit und dem Werthe menschlicher Gedanke» von den verworrenen Vorstellungen, der „inadäquaten Erkenntniß" bis zu der philoso phischen oder adäquaten Einsicht, die alle Dinge unter dein Gesichtspunkte der Ewigkeit, mit Hinsicht auf die Substanz auffaßt. „An das verworrene, am Endlichen hastenK Vorstcllen knüpfen sich die Affekte und die Knechtschaft des Willens, an die intellektuelle Erkenntniß aber die intellektuelle Liebe Gottes, worin unser Glück und unsere Freiheit liegt". „Je vollkommener der Mensch ist, um so adäquater werden seine Idem sc>»- um so weniger wird er statt klarer Begriffe von bloßen Einbildungen geleitet werde», um so weniger wird er daher Leidenschaften unterworfen, um so freier und glückselig^ wird er sein. In dieser Freiheit von Affecten, dieser Vernünftigkeit des Denkens u»d Wollcns besteht die Sittlichkeit". Dazu führt aber nur eine reine Erkenntniß des gött lichen Wesens, und mit dieser höheren Erkenntniß ist unmittelbar auch jene „intellectucl» Liebe zur Gottheit" gegeben, „in welcher die höchste Vollkommenheit und Seligkeit de Menschen besteht". Die höchste Seligkeit besteht also in der lebendigen Erkennt»! Gottes und unser Glück und unsere Freiheit in der beständigen und ewigen Liebe z» Gott. Nicht ein der Tugend beigcgcbener Lohn, sondern die Tugend selbst sei b» Seligkeit.