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II. Philosophie. 73 l Universums in Gang erhält, zu dem einzigen Rcalgrund alles Seins und Denkens erhob. Aber sein mystischer Idealismus, der in dein „Schauen in Gott" gipfelt, obwohl dein Lffenbarungsglaubcn näher stehend als das cogito erxo «um seines Meisters, stimmkc doch nicht ganz mit der theologischen Rechtgläubigkeit überein, daher auch er manche Anfechtungen erfuhr. Noch weniger konnte die philosophische Speculatio» bei einer Lehre stille stehen, welche den Cartestanischen Gegensah der Substanzen anerkennend eine unendliche Substanz jenseits der Welt als ein besonderes absolutes Wesen cxistircn ließ, m welchem alle Geister und alle Ideen wohnen, in welchem wir alle Dinge erkennen sollen wie das Auge die körperlichen Gegenstände im Lichte. 2. Spinoza. Die Wissenschaft mußte streben, die drei gesonderten Welten einheitlich zu fassen, die Keime des Pantheismus, der Jmmanen; Gottes in der Welt, die in Malebranchc verborgen lagen, zur Entfaltung zu bringen, in der denkenden Wcltvcrnunft die Einheit des Universums zu begreifen. Ans diese höchste Stufe der Ausbildung wurde der Cartesianische Idealismus geführt durch Baruch Denedict) Spinoza, den Sprößling einer aus Portugal stammenden in Am sterdam seßhaften jüdischen Kaufinannsfaniilic. Zum Rabbiner bestimmt und >n der Rcligionslehre des Talmud unterrichtet wandte sich jedoch der strebsame wißbegierige junge Mann bald ab von den engen Doctrinen der Synagoge und flüchtete sich in das weite Reich der Speculatio». Von seinen Glaubensgenossen wegen „schrecklicher Irrlehren" aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, selbst vom Meuchelmord bedroht, verließ Spinoza seine Vaterstadt und führte ein einsames zurückgezogenes Leben, bald in dieser bald in jener holländischen Stadt, seinen^ Unterhalt durch das Schleifen optischer Glaser sich verschaffend, bis er im Haag am 21. Febr. 1677 starb, erst fünf und vierzig Jahre alt. Ausgestoßen von den Juden als abgefallcncr Sohn, gemieden von den Christen, zu deren Gemein schaft er nicht übertreten wollte, hat Spinoza in stiller Verborgenheit sein folgen reiches System ausgcarbcitel, in welchem zum erstenmal der Pantheismus in seiner strengen ungcmilderten Eigcnthümlichkeit sich geltend machte und den "lhmpischen Sitz in der philosophischen Weltanschauung der neueren Zeit erstieg, ein großartiges Lehrgebäude, worin mit folgerichtigem Geiste dargclegt wird, wie stch Alles mit mathematischer Nothwendigkcit aus Einem obersten absoluten Grunde entwickele, der freien Selbstbestimmung keinen Raum gestattend. Ein fach, bcdürfnißlos und von strengster Sittlichkeit in seinem Leben hat Spinoza in genügsamer Selbstzufriedenheit jede äußere Abhängigkeit verschmäht, kein angebotenes Lehramt angenommen, alle Geschenke oder Vermächtnisse znrück- gkwiesen. Unter Spinoza s Schriften, sämmtlich in lateinischer Sprache geschrieben und weistcns erst nach seinem Tod herausgcgcben, ist am bedeutendsten seine „Ethik nach geometrischer Methode", ein philosophisches Fundamentalwerk, dem die „Darstellung der cartestanischen Philosophie", der „theologisch-politische Tractat" und einige Abhand-