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I. Frankreichs klassische Litcraturpcriodc. 721 der absoluten conccntrirtcn Staatsgewalt, wie sie die römische Gesetzgebung vorzcichncte, im Gegensatz zu den zerfahrenen Zuständen des mittclalterigen Lehnstaats das Wort. Geht er auch keineswegs so weit, daß er, wie später Hobbes theoretisch, oder wie die Hof- und Staatsmänner Ludwigs XIV. praktisch das Prinzip des I'stst c'est moi aufstelltc und befolgte; ist er auch der Ansicht, daß cs sich empfehle, dem Volke ein Stcucrbcwilligungs- rccht zu gewähren, wenn gleich nicht als unbedingtes Staatsgrundgcsctz, da cs Fälle geben könne, wo der Fürst, dem das allgemeine Wohl anvertraut sei, die Beistimmung der Stände nicht abwarten könne ; so erscheint ihm doch Ungehorsam und Anarchie als eine so große Gefahr, daß eine monarchische Autokratie dagegen als ein kleineres Nebel anzu- sehen sei. „Besonders ist Bodin durchdrungen von dem Begriffe der Majestät, welche den, Fürsten zukomme, über dem Niemand sei als Gott allein ; aus diesem leitet er das Recht des Kriegs und Friedens, des Lebens und des Todes, die Exemtion von den Ge setzen, das oberste Gericht und besonders die Hoheit über die Geistlichkeit her, deren Rcichthümcr, Vorrechte und selbständige Befugnisse ihm verwerflich scheinen". Der Souverän sei in seinem Gewissen an seine Eide und Zusagen gebunden, halte er sich aber nicht daran, so habe Niemand das Recht, denselben, sofern er ein von Gott ein gesetzter legitimer Fürst ist, zu zwingen; Unterwerfung unter die königliche Gewalt aus Liebe zur Ordnung und zum Vaterland müsse demnach als Fundamentalgcsctz gelten. Wie die englischen Tories hält also auch Bodin den Grundsatz von dem passiven Ge horsam gegenüber dem legitimen Staatsoberhaupt aufrecht, und auch darin stimmt er mit den Oxforder Hochkirchcnmünnern überein, daß er der Idee einer Staatskirche den Vorzug gibt und es als ein Unglück ansieht, wenn es in Einem Reiche mehr als Eine Religion gebe. Aber er ist weit entfernt, gewaltsanie Bekehrungen zu billigen. Sei cs einmal durch den Willen des allmächtigen Gottes geschehen, daß verschiedene Bekennt nisse in einem Lande bestehen, so müsse der Fürst die Abgewichenen lieber dulden, als den Staat in Gefahr bringen; vor Allem müfsc er sich hüten, die Waffen gegen sic zu führen, schon um der Möglichkeit willen, von seinen Unterthancn besiegt zu werden, wo durch die Autorität erschüttert würde. Hätte Bodin die Zeit der Hugcnottenbckchrungcn unter Ludwig XIV. erlebt, so würde er nimmermehr in die Lobpreisung der royalistisch- klerikalen Ultras eingestimmt haben. Bon der Apologetik eines Bossuct, der die ab solutistische Gewaltherrschaft aus der heil. Schrift zu rechtfertigen suchte, oder von der unwürdigen Scrvilität der Staatsmänner und Höflinge am Throne des „großen" Ludwig, welche das politische Leben der Nation gleichsam auslöschcn und aus ein einziges ge witztes Haupt übertragen wollten, war er weit entfernt. Nur wo alle Organe die ihr von der Natur zugewiesenen Functionen verrichten , könne Gesundheit und Lebenskraft ^stehen. — Auch das Privatrccht wurde an der Hand des römischen ausgcbildet. Jean ^omat aus Auvergne, ein intimer Freund von Pascal und gleich diesem aus Port- wyal hcrvorgcgangcn, schrieb ein klassisches Werk „über die bürgerlichen Rechte in ihrer "Erlichen Ordnung", wie sie sich in der Familie und der menschlichen Gesellschaft ousprägen, ein Werk von christlich ideal-philosophischem Standpunkt, das, wie ein ^ouzösischxr Historiker sich ausdrückt, dem von Cujacius ausgestellten und ncugeschaffcncn fttchtskörper die Seele hinznsügte. Obwohl Jansenist wurde Doniat doch auf die ^"pfchlung des Ministers dÄgucsscau von Ludwig XIV. begünstigt. Gleich der Literatur standen auch die schönen Künste im Dienste des Hofes. Haben AEgc- 'e früheren französischen Könige im Louvre, im Schlosse von Fontainebleau und in so Lunstihäti^- wncheu andern imposanten Gebäuden die Architektur der italienischen Renaissance nach 'Mnkreich verpflanzt, so wurde Ludwig XIV. der Begründer eines neuen Kunststiles, " -um G^Migen d<,Z Zierliche, zur einfachen Größe den Schmuck und die bunte ""nichfMgkeit hinzusügend als „Rococo" eine kunstgcschichtliche Bedeutung in ganz ^'ber, W-ttgeschichtk. XII.