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716 I'. Literatur und Geistesleben. Libell gelten lassen wollen, „das nur darum Succcß habe, weil es, indem cs ein grob-! Zeitalter sehr im Einzelnen verdächtige, der Eitelkeit der heutigen Generation schmeichle' selbst solche bewundern doch das originelle Colorit seines Stils, das Leben seiner kleine» Dramen, in denen die Menschen ihre Eitelkeit, ihren Neid, ihre Habsucht an dm Te legen, ohne cs zu merken, und erkennen ihm den Rang eines großen Schriftstellers zn Ranke schließt sein aus einer Vergleichung und Prüfung einzelner Angaben geschöpft ttrtheil dahin ab: „Persönliche Sympathie und Antipathie beherrsche» meistens seine Arthn» und seine ganze Anschauung. Jene Tendenz der Uebcrtreibung und steigenden Medisance, ^ um die nackte Wahrheit wenig bekümmerte Talent der Erzählung, verbunden mit personM Abneigung oder Vorliebe, die aus der Parteistellung entspringen, und falsche Information üb" das Faktische bringen bei ihm große Verunstaltungen der Historie hervor. Als eine Quelle rei»" historischer Belehrung kann dies Buch, trotz des blendenden Talentes, mit dem eS geschrieben il> auf keine Weise angesehen werden". Um so größer ist seine Bedeutung für die Kcnntniß ^ Hofes, des Parteiwesens, der öffentlichen Meinung, wie sie sich in der vornehmen Welt nehmen ließ. „WaS sonst flüchtig von Mund zu Munde geht, und wieder vergessen wird zeichnet St. Simon auf: nicht etwa unparteiisch, Lob und Tadel, sondern als ein volles»^ echtes Mitglied dieser Gesellschaft, bald als eifriger Anhänger, bald als heftiger Feind. die Medisance vorherrscht, so ist es nicht sowohl seine Schuld, als der Charakter der GesellWst Briefe. Wie die erwähnten Memoiren, die wir aus einer großen Zahl ähnlicher Produc' tionen als die anziehendsten hervorgchoben haben, spiegeln auch die Briefe der Oü' ^Scvigiü M'se von Scvignc das Leben und die Gesellschaft zur Zeit Ludwigs XIV. inkalcid»' it>26—isss. scopischen Bildern ab. Die seingebildete Dame, die mitten unter den Verführung des Hofes die Reinheit der Seele und echte Weiblichkeit bewahrt hat, gibt in der unv^' gleichlichen Amuuth und Leichtigkeit, womit sie die Begebenheiten des Tages darM ein lebensvolles Gemälde von der gebildeten Gesellschaft der Zeit. „Frau von Sevig hat Sympathie für Alles, was sie berührt, das Größte wie das Kleinste: für die K» streuung der Stadt, die Einsamkeit des Landlebens, die Festlichkeiten des Hofes, für die Foliobände theologischer kontroversen; sie ist reizbar, den Dingen hingegen und doch dabei voll von Nachdenken, etwas für sich selbst". Ihre Briese sind ein ttt»'' Spiegel der Zeit in allen Richtungen und Erscheinungen. Nicht durch die Schönheit^ Form, aber durch Unmittelbarkeit und Naivetät des Ausdrucks, merkwürdig sind b» Briefe und Denkwürdigkeiten der mehrfach erwähnten Psalzgräfin Elisabethe Ch^' lotte, zweiten Gemahlin des Herzogs von Orleans, ein Denkmal deutschen Genius deutscher Gesinnung und Natur. Mitten in dem Gewühle des Hofes einsam, og Liebe für den unbedeutenden ausschweifenden Gemahl, fühlte sie sich mit ihrem Bein»»' niß vertraulicher Mittheilung auf entfernte Verwandte angewiesen, denen sie warme ausschließende Sympathien widmet, denen sie über Alles Mitthciiungen macht, was ^ Herz bewegt, was ihr Schmerz oder Freude bereitet, mit rücksichtsloser Offenheit >>^ Frau von Maintenon, über den Hof, über die Spitzen des gesellschaftlichen Lebe»' sich auslassend. FluchNmgs- Auch djx Hugenottcnkämpfe und die Revocation des Edikts von Nantes trugen g Hebung und Bereicherung der französischen Literatur bei, wenn gleich nicht in folg"' Grade wie die Zanscnistischen Streitigkeiten im Schooße der katholischen Kirche Wir wissen, daß so manche wissenschaftlich gebildete Männer reformirter Konfession^ außer Landes flüchteten. Die namhaftesten darunter suchten ein Asyl in Holland, sie unter dem Schutze der confessionsverwandtcn Republik einen gesicherten Boden s» ihre literarische Thätigkeit fanden und ihre Ansichten in polemischen und pd>b'^ phischen Werken niederlegten. In den letzten Jahrzehnten des siebenzehnten Zahrh»" literatur.