V. Der Norden und Nordosten Europas. 695 Boot durch den holländischen Schiffbauer Carsten Brandt auf der Moskwa Her stellen ließ, und das der Volkswitz den „Großvater der russischen Flotte" nennt. Bald entfaltete sich auf allen Schiffswerften des slromrcichcn Landes eine große Thätigkcit; aus Holland und Deutschland wurden Zimmcrlcute und Werkmeister hcrbeigcrufcn, bei deren Arbeiten Peter selbst Hand anlegtc; er reiste wiederholt nach Archangel, um fremde Schiffe in Augenschein zu nehmen und scekundige Matrosen zu werben; auf einer stürmischen Seefahrt führte er selbst das Steuer ruder; zu Woroncsch wurden Kriegsschiffe gebaut und Lcfort zum Admiral ernannt, mittelst zweier Nebenflüsse und eines Durchstichs die zwei Hauptströme Do» und Wolga in Verbindung gesetzt. Der Kaiser und die christlichen Mächte leisteten dem Zaren allen Vorschub, damit die Türken und Tataren auch von Norden her mit mehr Erfolg bekriegt werden möchten. Nach mehreren Angriffen wurde Asow mit Hülfe brandenburgischer, österreichischer und holländischer Offi ziere eingenommen und damit der erste Zugang zu dem südlichen Meer gewonnen. >as7. Mit Festungswerken versehen sollte die günstig gelegene Stadt ein Mittelpunkt des asiatisch-russischen Handels und zugleich ein Kriegshafen werden. Vor den Mauern von Asow überzeugte sich der junge Fürst, daß nur curo- P->-rs "st- Päische Kriegskunst den Russen das Uebergewicht über die Türken verleihen könne. W. ^ Er faßte daher den Entschluß, seine Nation der militärischen Einrichtungen und der ganzen intellectncllen und industriellen Thätigkcit der europäischen Cultur- völker theilhaftig zu machen, und alle die geistigen Errungenschaften, von denen er bisher nur aus den Darstellungen Anderer, eines Lcfort und Gordon Kunde erhalten, durch eigene Anschauungen kennen zu lernen. Nachdem er die Ver waltung des Staats einem Bojarenrath unter dem Vorsitz des Fürsten Feodor Romodanowski übertragen und den Oberbefehl über das Heer in die Hände des tapfern und umsichtigen Patrick Gordon und des Generals Alerei Schein gelegt, trat er mit einer großen Zarischcn Ambassade, begleitet von Lcfort, Menschikow u. a. unter dem Namen Peter Michailow die erste Reise in die Fremde an. Er besuchte Livland und Kurland, er besprach sich in Königsberg mit Kurfürst Fried rich III. von Brandenburg; er unterrichtete sich in Berlin über Kriegswesen und Artillerie. Aber wie wurde erst seine Bewunderung und seine Wißbcgicrdc erregt, als er in Holland das rege Leben in den Häfen und Schiffswerften gewahr ward, als er die Kanäle und Dämme, die Sägemühlen, die Oel- und Papiermühlen erblickte, die Maschinen und Werkstätten, das lebhafte Treiben in Markt und Straße bemerkte! Es ist ja weltbekannt und in Kunst und Poesie gefeiert, wie Peter mit zehn Edelleuten aus seinem Gesandtschaftsgcfolge in dem Dorfe Saandam bei einein Schiffbauer Dienste nahm, mit der Axt in der Hand als Znnmermann auf den Werften arbeitete und Alles beobachtete und lernte. In Amsterdam, wo er an dem verständigen Bürgermeister Witsen einen erfahrenen Führer und Beralher fand, setzte er seine praktischen Studien und Hebungen fort: er unterrichtete sich über Maschinenwesen, Fabriken, Gewerbe; er ver-