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692 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. einführe, den Glauben verletze und die treuesten Söhne des Vaterlandes dem Verderben weihe, zugleich mit seinen Anhängern auszurottcn." Allein der Bode» wankte bereits unter ihren Füßen. Peter wurde vor der ihm drohenden Gefahr durch zwei Ueberläufer noch zeitig genug gewarnt, um mit seiner Mutter, seiner Gemahlin und einigen Getreuen aus dem offenen Dorf Preobraschensk nach der Troytzkischen Klosterfestung zu entfliehen, wo er vor den Nachstellungen der Halb schwester, die im Namen des blödsinnigen Zar Iwan das Regiment fortführte, gesichert war. Von dort aus rief Peter den jungen Adel und die fremden Truppen zu seinem Schutze auf. Bald hatte er eine bewaffnete Macht zu seiner Verfügung, die unter der Anführung des tapfern und entschlossenen Oberst Patrick Gordon und des ihm befreundeten Lesart jedem Angriff Trotz bieten konnte. Die Strelitzen verloren den Muth; sie wagten keinen Widerstand, als ihr Anführer Schaklowitoi des Hochverraths angeklagt und nebst einigen Mitschuldige» hin gerichtet ward. Vergebens suchte nun Sophia, die immer noch im Namen Iwans sich als Regentin geberdete, einen Ausgleich zu erlangen: die Beweise ihrer aufrührerischen und verbrecherischen Absichten waren so offenkundig, daß alle Vermittelungsversuche scheitern mußten. Sie wurde in ein Kloster verwiesen, das sie selbst in der Nähe von Moskau erbaut hatte, und unter Aufsicht gestellt, damit sie nicht nach Polen entfliehen und dem Reiche neue Unruhen bereiten möchte. Galizyn wurde auf die Fürbitte seines Verwandten, des Fürsten Boris, Peters Vertrauten, von der Todesstrafe freigesprochen, aber mit seinein Sohn nach einer entlegenen Provinz verbannt, ein Verlust für das neue Regi ment, dem er durch seine Kenntnisse und seine Hingebung an die fremde Cultur wesentlichere Dienste hätte leisten können als Alexander Mcnschikow, dm Peter aus niedrigem Stande zu seinem Kammerdiener und vielvermögendM Günstling erhob. Aber Wassily hatte sich von der ränkevollen Gebieterin zu tief in ihre ehrgeizigen Pläne und selbst in ihre Liebesneste verflechten lassen, als daß der junge Zar hätte Vertrauen zu ihm gewinnen können. Am 9. Sep tember 1689 hielt Peter als Herrscher des russischen Reiches unter dem Jubel des Volks seinen Einzug in den Kreml. Iwan durfte bis zu seinem Tod (1697) den Zarentitel führen und in den öffentlichen Urkunden als Mitregent genannt werden. Die Geschichte weiß nichts von ihm zu berichten, als daß drei Töchter aus seiner Ehe ihn Vater nannten. Davon war die älteste, Katharina, an den Herzog von Mecklenburg, die zweite Anna an den Herzog von Kurland vermählt, Sefort. Franz Lcfort, Sohn eines angesehenen Genfer Bürgers und Rathsherrn geb. am 2. Jan. 1656, war für den Kausinannstand bestimmt, zeigte aber mehr Neigung für die militärische Laufbahn und trat daher 1674 in holländische Kriegsdienste. Aber unternehmend und leichtsinnig folgte er schon im nächsten Jahr einem holländische» Oberst, der für das russische Heer geworben war, nach Archangcl und von da nach Moskau. In der Sloboda, der „Freistatt" der Deutschen, wo alle Ausländer ihre» Aufenthalt nehmen mußten, machte der Hauptmann Lesart die Bekanntschaft von Patrick Gordon und begleitete ihn auf dem Feldzug gegen die Türken (1678). Nach der Schlacht