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676 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. Führung der van Gott erhaltenen kurfürstlichen Reputation nöthigc Erhaltung des Hof staats" gehöre zu den unentbehrlichen Bedürfnissen. Nachdem schon ein großer Thal der Schulden getilgt war. beliefen sich dieselben noch auf mehr als fünf Millionen Gul den. Dafür wurden denn der Kurfürst und sein Bruder August von Wcißenfcls. der Erbauer der Augustusburg, wegen ihrer Liebe für Kunst und Wissenschaft gepriesen und in den Palmenorden ausgenommen! Die Liebe zur Bildung und der Sinn sür die idealen Güter erbte freilich in dem Wettiner Fürstenhaus fort; und auch auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Staatsverwaltung werden von Johann Georg II. viele zweckmäßige Reformen und Verordnungen gerühmt; aber doch verarmte das Lund immer mehr; und unter der Sucht nach fürstlicher Hoheit, Glanz und Herrlichkeit blieb die Wohlfahrt eines biedern treuherzigen Volkes unbeachtet. Keor^n" Eine ganz andere Natur war Johann Georg III. Nicht aus Hofpracht, Kunst »nd i«do—'legis friedliche Lebensgenüsse war sein Sinn gerichtet, sondern auf Krieg und Politik. Und wenn auch Sachsen nicht berufen sein konnte, auf eigene Hand in die großen Weltbcgebcn- heiten einzugreisen, so hat der Kurfürst doch stets unter Kaiser und Reich wider die Feinde gestritten, welche von Osten und von Westen die Grenzen bedrohten. Noch bei Lebzeiten seines Vaters hatte der willenskräftige Fürst bei Sinzheim wider Turennc ge fachten ; und in der großen Schlacht unter den Mauern Wiens wider die Türken haben sächsische Hülfsrcgimentcr unter des Kurfürsten eigener Führung nicht unwesentlich zu dem siegreichen Ausgang beigctragcn. Und als Johann Georg nach diesem Ercigniß verstimmt über das wenig entgegenkommende Benehnien des kaiserlichen Hofes gegen den lutheri schen Bundesgenossen wieder in sein Land zurückkchrte, kämpften sächsische Regimenter in österreichischen und venetianischen Diensten wider den Erbfeind der Christenheit in Ungarn und im fernen Peloponnes. Vor Koron, Navarin, Modon und an vielen andern Orten wurde der Name der sächsischen Obersten Schönfcld und Toppauer mit Ruhm genannt, AU' und bei der Eroberung von Ofen waren 5V00 Sachsen unter Christian von Merseburg thätig. Zugleich wahrte der Kurfürst seine oberherrlichen Rechte gegen die verwandten Seitenlinien. In dem Dresdener Elucidationsrcccß vom 12. Sept. 1682 mußte der Weißenfelser Herzog das Primogeniturrecht und andere kurfürstliche Prärogativen anerkennen. Noch rühmlicher war die Haltung Johann Georgs III. gegenüber der französischen Eroberungspolitik. In demselben Jahr, da Straßburg dem Reich ent rissen ward, schloß er mit Friedrich Wilhelm von Brandenburg das Bündniß von Finsterwalde: denn, sprach er eben so verständig als vaterländisch, „nicht eher würde Ludwig ruhen, als bis er die Kaiserkrone an sich gezogen und der deutschen Nation dasselbe Joch aufgelegt, welches Frankreich drücke. Die Uneinigkeit der Deutschen sei es, welche dem Franzosen die Wege baue. Man müsse eher das Aeußerstc wagen, als es unter den härtesten Bedingungen zu einem gleisnerischen, schändlichen und verderblichen Frie den kommen und ohne Noch das fremde Joch sich auflegen lassen." Aber nicht alle deutschen Fürsten theilten diese hochherzige Ansicht. Ludwig XIV. gewann Zeit, seine Reunionen zu vollenden. Erst als das Maß übervoll war, kam es zu dem uns be kannten zweiten Coalitionskricg, in welchem der sächsische Kurfürst, der Verbündete Wilhelms von Oranien, wider die Franzosen ins Feld zog. Bei der Belagerung von Aug. ros». Mainz fand sein Verwandter Christian von Weißcnsels den Tod; nach der Capitulatio» dieser Rhcinfestung setzte der Kurfürst über den deutschen Strom; aber sein Feldmar schall Schöning vermochte sich mit dem kaiserlichen Obcrfeldherrn Caprara nicht zu ver ständigen, daher wurde wenig ausgerichtet. Der Krieg war erst recht im Beginnen, als Johann Georg wegen angegriffener Gesundheit seine persönliche Theilnahme ausgcben '2- S-r>, ,„ußtx. Krank wurde er nach Tübingen gebracht, wo er im 45. Lebensjahr starb.