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V. Der Norden und Nordosten Europas. 663 Mg und sein Bruder Johann Casimir auf Grund derselben Pacta convcnt«2°bE zum König gewählt ward, erlitt diese Ruhe eine Unterbrechung durch den sechs- jährigen Kosakenkrieg, dessen Nusgang nicht minder zu der Schwächung des pol nischen Reiches beitrug als der unmittelbar darauf folgende Krieg gegen Schwe den-Brandenburg, der uns bereits bekannt geworden ist. Jener Theil des im Norde» des schwarze» und Asowschen Meeres seßhaften weit verzweigten Volks stammes, den Stephan Baton der polnischen Oberhoheit unterworfen und orga- nisirt hatte jXI, 875) und der von seinen Wohnsitzen im Süden der Wasserfälle des Dnepr den Namen „Saporoger" führte, war den Polen ein Dorn im Auge. Das an Krieg und Freibeuterei gewöhnte in freier Autonomie unter einem selbst- gewählten Hetman lebende Reitervolk, das durch die Kargheit des Reichstags »ur ungenügend in dein Dienst und Sold des Königs beschäftigt ward, ließ sich durch die schutzherrlichen Bande, womit es an die polnische Krone geknüpft war, nicht abhalten, aus seinen von Felsen, Wald und Gebüsch durchzogenen, durch Verhacke und Schanzwerke gedeckten Wohnsitzen bald dahin bald dorthin Streifzüge und Raubfahrten zu unternehmen, wodurch der Regierung in Warschau manche Verlegenheiten und Widerwärtigkeiten bereitet wurden. Hatte doch eine Schaar verwegener Gesellen, mit andern Stammesgenossen verbunden ohne Geschütz die Handelsstadt Asow eingenommen und mehrere Jahre lang behauptet, jene Metropole ("07-42). des mercantilen Verkehrs zwischen Asien und Europa, die einst von den Türken den Genuesen entrissen worden, und die von der Zeit an zum Erisapfel zwischen Rußland und der Pforte ward. Und noch mehr verdroß es die Gutsbesitzer in der Ukraine und im ganzen südlichen Polen, daß so viele ihrer leibeigenen Bauern dein Druck der Frohndienste und der Geißel der Hörigkeit entflohen und bei den Kosaken, die ohnedies als Anhänger der griechischen Kirche den papistisch gesinnten Polen und ihren jesuitischen Lehrmeistern so sehr verhaßt und verab scheut waren, eine Freistätte suchten, wo sie unter dem Schutze verbriefter Rechte w Sicherheit leben konnten. Wie wenig Adel und König sonst Liebe und Ver bauen zu einander hatten, in der Abneigung gegen alle Dissidenten und insbe sondere gegen die schismatischen Kosaken waren beide einig. Johann Casimir >var mehr eine priesterliche als königliche Natur: auf großen Reisen, die er unter der Regierung seines Bruders durch Deutschland, Holland, Frankreich und Italien unternommen, war er in Rom dem Jesuitenorden beigetreten und zum Cardinal erhoben worden, und wenn er auch später wieder in den weltlichen Stand zurückkchrte, und mit päpstlicher Erlaubniß sich vermählte, so bewahrte kr doch die Grundsätze und Tendenzen der Gesellschaft Jesu und eine Neigung sür den geistlichen Stand in seinem Herzen. Regierung und Reichstag faßten daher den Beschluß, die Freiheiten der Kosaken der iu beschränken und der staatlichen Selbständigkeit ein Ende zu machen. Eine feste Burg, kriegV" Kudak am ersten Wasserfall gegen Kiew zu, von einem französischen Ingenieur erbaut ond mit einer polnischen Besatzung versehen, sollte das Reitcrvolk überwachen und im