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's ti - Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. unabsehbare Zukunft fesselte und den wiederholt ausgesprochenen Erklärungen des Kur fürsten selbst entgegen die umfassendsten Ansprüche gegen ein geringfügiges Zugeständ- niß preisgab. Eine österreichische Partei am Berliner Hose hatte den Abschluß des Ver trags, der den vornehmsten Ministern niemals mitgetheilt worden ist, in aller Stille betrieben, und der alte Kurfürst glaubte in den damaligen Verhältnissen der allgemeinen Politik um jeden Preis ein enges Uebereinkommen mit dem Kaiser schließen zu müssen. Das Meisterstück der diplomatischen Schlauheit Oesterreichs bestand aber darin, daß die Abtretung jenes kleinen Territoriums nicht einmal Ernst war. Der Kurprinz Friedrich, der die Trennung von Frankreich und die enge Verbindung mit dem Kaiser für die beste brandcnburgische Politik hielt, ließ sich, über die rechtlichen Ansprüche seines Hauses wie über die ganze Sachlage mangelhaft unterrichtet, zu dem geheimen Versprechen bewegen, den Schwicbuscr Kreis an den Kaiser zurückzugeben, wenn er an die Regierung gelange. Der Fürst hat sich später selbst bitter darüber beklagt, daß er bei Ausstellung dieses Reverses überrumpelt und getäuscht worden sei. Gleichwohl aber wurde die „Retradition" im Jahre 1695 ausgeführt, womit dann freilich auch die anderweitigen Ansprüche in Schlesien wieder auflebtcn. Mitten in der thätigsten Fürsorge für die Verwaltung seiner Lande nahte dem Kur- Sc'n Tcstai fürsten die letzte Stunde. Cr hatte schon geraume Zeit an Gicht und Wassersucht gelitten, all/gefüh«! ohne sich doch durch die Lcibesbeschwerden in der Hingebung an die Staats- und Regie- rungsgcschäfte stören zu lassen. Als er sein Ende herannahcn fühlte, ließ er die geheimen Räthc und seine Familie zu sich bescheiden, trennte sich von ihnen mit tröstlichen Worten 1888* und wohlmeinenden Ermahnungen und verschied sanft und gottergeben. Sein Tcsta- ' ment kam zum Wohle des Staats nie zur Ausführung. Der neue Herrscher selbst und seine vornehmsten Räthc waren der Ansicht, daß die beabsichtigte Landestheilung nicht nur der Entwickelung des Staats verderblich, sondern auch ungesetzlich sei, im Wider spruch mit den Hausgesctzen, der „Achilleischcn Disposition" und dem Geraer Vertrag (IX. 25, XI. 1036) stehe; in dem Rechte der Primogenitur sahen sic den Grund- und Eckstein für die Größe des Staats. Auch die nachgebornen Söhne ließen es sich gefallen, daß man das Vermächtniß von sehr zweifelhafter und anfechtbarer Rechtsgültigkcit nicht ausführte, und begnügten sich mit einer ansehnlichen Apanage (Vertrag von Potsdam, 3. März 1692). So entging der junge Staat der Gefahr, aufs Neue als ein privat rechtliches Theilungsobject im mittelalterlichen Sinne betrachtet und aus Familicnrücl- sichten in Bruchstücke getrennt zu werden. —Die Markgrasschaft Schwedt, welche hundert Jahre unter einer apanagirten Seitenlinie bestand, besaß keine landesherrliche Selbständigkeit. DHgewnsit- Die objgxn Blätter geben den Nachweis, wie sehr mit Recht Kurfürst Fric^ großen Wilhelm als der Begründer des preußischen Staats verehrt werden darb fürsten. Diese fast halbhundertjährige Regierung hatte genügt, das kleine zerrüttete bralv denburgische Territorium, das beim Beginn jener Laufbahn an Macht Ansehen hinter andern deutschen Fürstenthümern zurückstand, und ein arM^- durch Kriegsleiden ausgesogenes Volk zu einer Großmacht zu erheben, die in Welthändeln fortan ein gebietendes Wort mitzusprechen hatte. Die fürstlich^ Nachfolger bauten nur auf der voui großen Kurfürsten gelegten Grundlage chm und daß sie, die dem Vorfahren keineswegs alle an Kraft und Einsicht glicht' doch fort und fort den Staat zu mehren und zu festigen in der Lage waren, von der Gediegenheit der Fundamente, die jener errichtet. Seit Friedrich '