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626 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. So wurde denn der Friede mit Frankreich und Schweden zu St. Germain en Lahe geschloffen. Der Kurfürst mußte alle pommerschen Eroberungen herausgeben, mit Ausnahme einiger ganz unbedeutenden Landstriche auf dem rechten Odcrufcr; zum Ersatz des erlittenen Schadens erhielt er von Frankreich eine dürftige Geldsumme. « Oke. 1679. Einige Monate später schloffen auch Dänemark und Schweden den Frieden von Lund. der die territorialen Festsetzungen des Kopenhagener Vertrags (S. 615) bestätigte, und die Franzosen räumten nach und nach das Mindenschc und Clevische Gebiet. Das war die ganze Frucht der ruhmvollen Kriegsthaten von Fehrbeüin bis Riga. Voll tiefen Schmerzes Unterzeichnete der Kurfürst den Vertrag. „Es ist gut, aus den Herrn ver trauen und sich nicht verlassen auf Menschen" war der Text der Fricdcnsprcdigt. Bran denburg hatte Ursache, sich dieses Bibelwortcs zu erinnern; waren ihm doch durch die Unzuverlässigkeit und Schwäche der Bundesgenossen alle Waffcnthatcn zum Unheil aus geschlagen. Der Kaiser selbst begünstigte die französische Rcstitutionspolitik, „denn es stehe seiner Mas. nicht an", äußerte ein kaiserlicher Minister, „daß sich ein neuer Köniz der Vandalen an der Ostsee erhebe". Die bittcrn Erfahrungen, die der Kurfürst beim Nymweger Frieden machte, und die schlimmen Früchte, die ihm bisher seine Thcilnahmk an den Reichskriegen wider Frankreich eingebracht, erklären es zur Genüge, daß auch Brandenburg den ferneren Uebergriffcn Ludwigs XIV. gleichgültig zusah. 5. Die setzten Lebensjahre des grotzen Rursürsten. Vkrhaunifl/ Nach drin Tode der oranischcn Luise, an der er Zeitlebens mit größter Verehrung gehangen (ch 1667), hatte sich der Kurfürst mit Dorothea, einer Prinzessin von Hol stein-Glücksburg, verwittweten Herzogin von Lüneburg, vermählt, die ihm aber di! treffliche erste Gemahlin nicht ersetzen konnte. Im kurfürstlichen Hause herrschte, seit aus den beiden Ehen Kinder vorhanden waren, mannichfach Unfrieden und Eifersucht- „Daß die Kurfürstin hierbei die gehäßige Rolle gespielt habe, die man ihr zuschreibt", sagt Ranke, „dafür findet sich keinerlei Beweis. Sie liebte in dem Hause zu herrsche» und zu walten; sie wollte ihre eigenen Kinder so gut wie immer möglich versorgen; aber darum hat sie ihre Stiefsöhne nicht gehaßt noch verfolgt. Der Kurfürst rühmt einmal die mütterliche Sorgfalt, die sie für seine sämmtlichcn Kinder an den Tag lege- Den nächsten Anlaß zu dem Mißvergnügen des Kurprinzen gab der Kurfürst selbst. Dos große Verdienst, das er besaß, sein Ansehen in der Welt, seine geistige Ucberlegenhe^ und der natürliche Zug der meisten Regenten, ihren Nachfolgern gegenüber ihre AuB rität ungeschmälert zu erhalten, mag dazu bcigetragcn haben, daß er den Kurprinze»- der einen aufstrebenden Geist in sich nährte, mit einer gewissen zurückweisenden Hört! behandelte; wenigstens klagt dieser selbst darüber". Vater und Eine hauptsächliche Quelle des Unfriedens zwischen dem Kurfürsten und dB Prinzen Friedrich, dem Thronerben nach dem plötzlichen Tod des älteren Karl Ei»>t sch 7. Dezbr. 1674) war des elfteren Vorsatz, wider die Hausverträge und die natib" liche gesunde Staatsklugheit, den nachgeborncn Söhnen gesonderte Provinzen als reg^ rcndcn Herren zuzuweiscn. Was immer für Ursachen zusammcngckommen sein mögend " die Stellung zwischen dem Vater und dem ältesten Sohn und dessen Verhältniß ? seiner Stiefmutter war in den letzten Lebensjahren des Kurfürsten äußerst gespannt- Der Argwohn jener Zeit, der gleich mit dem schwärzesten Verdacht bei der Hand wan schrieb der Kursürstin Dorothea sogar einen Vergiftungsversuch gegen den Prinzen wie denn auch der plötzliche Tod seines Bruders Ludwig der Verleumdung neue Nod) 7687. rrmxz gab. Es kam soweit, daß der Kurprinz sich außer Landes, nach Kassel, flüchte und nach Cleve gehen zu wollen erklärte, was den Vater dermaßen verdroß, daß er d!"