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616 Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. Schöppcnnieistcr von Königsberg, Hieronymus Rhode; die feindselige Agita tion unter dem Adel betrieb vor Allen der Oberst Christian Ludwig von Kalk- is«l. stein. Die Stände protestirtcn auf einem Landtag geradezu gegen die Loslösmig von Polen, die ohne ihren Willen vollzogen worden und ihren Privilegien nach theilig sei; die Souveräuetät sei weder ihnen, noch dem Kurfürsten nützlich. Es wurden eifrige Anstrengungen gemacht, sich mit polnischer Hülfe von dieser lästigen und, wie man darlegte, ohne Zustimmung der Stände rechtlich ungül tigen Souveränetät zu befreien. 2pp" stn°n° alte ständische Wesen lag hier mit dem neuen monarchischen Staatsbegriff in Rhodecheinem jahrlangen erbitterten Kampfe. Wie der Kurfürst sich weigerte, die ständischen Hast, Privilegien im alten Umfange zu bestätigen und danach zu handeln, so die Stände, die neue Souveränetät anzuerkennen. Es wurde öffentlich gesagt, das, man härter als türkisch regiert sei und Alles daransetzen werde, die Freiheit wieder zu erringen. Die von den Ständen für Anerkennung der Souveränetät verlangte „Assecuration" bean spruchte, daß der Kurfürst ohne ihre Bewilligung weder Krieg anfangc noch Bündnisse schließe, keine fremden Truppen ins Land bringe, keine neuen Zölle und Abgaben cin- sühre; der Landtag sollte auch ohne fürstliche Berufung alle zwei Jahre zusammen- trcten und die Stände, wenn ihre Rechte verletzt würden, des EideS entbunden sein- Dagegen nahm der vom Kurfürsten aufgestellte Entwurf einer Regierungsverfassung eine nahezu unumschränkte Gewalt in Anspruch. Die Stände traten über diese Ver fassung gar nicht einmal in Berathung. Der kurfürstliche Statthalter, Fürst Bogislaus von Razivil, hatte einen schweren Stand ; die Bürger, die Adligen veranstalteten stür mische Versammlungen und drohten mit offenem Landcsverrath ; die Landtagsvcrhand- lungcn führten bei der gereizten Stimmung zu keinem Erfolg und mußten wiederholt vertagt werden. Die Spannung wurde so stark, daß der Sohn des Schöppcnmeisters Rhode im Namen der Stadt nach Warschau geschickt wurde mit der Bitte um Hülfe und der Erklärung, „die Königsberger wollten eher dem Teufel unterthänig werden als länger unter solchem Druck leben;" von Polen aus wurde denn auch die Auflehnung geschürt und unterstützt. Man stand vor der offenen Empörung; der Kurfürst zog drohend Kricgsvolk um Königsberg zusammen, während die Bürger ebenfalls zu den Waffen griffen und sich anschickten, polnische Truppen auszunchmen. Es war dem Kurfürsten vor Allem darum zu thun, Rhode, den Leiter der ganzen Bewegung in seine Okt. leor. Hand zu bekommen. Und dies gelang ihm auch durch Gewalt und List, obwohl die Königsberger Bürgerschaft sich zusammengeschaart hatte, um die Verhaftung ihres Wortführers mit gcwaffneter Hand zu hindern. Ungeachtet der dringenden Bitte der Bürgerschaft und der Verwendung des Königs von Polen, wurde Rhode des Hochvcr- raths überwiesen erklärt und blieb sechzehn Zahre, bis an seinen Tod (1678) in Ge wahrsam zu Peitz. Ein Gnadengesuch an den Kurfürsten, der vielleicht zu vergeben geneigt war, brachte der trotzige Mann nicht übers Herz, da er Recht und keine Gnade verlange. Hu^igung Das Schicksal Rhodes brach den Widerstand der Königsberger und verschaffte den sehnung) gütigen Worten des Kurfürsten Eingang; die Schöffen, Zünfte und Deputirtcn der >6. No». Stadt erkannten jetzt willig die Souveränetät an. Nach langen Verhandlungen mit den i«6^ Ständen kam endlich die verlangte „Assccuration" zu Stande. Der Kurfürst cntschul- 'digte sich, daß er wider das Recht der Stände den polnischen Vertrag allein abge schlossen, und versprach in Zukunft, bei solchen Handlungen, die das Herzogthum beträfen, der Stände Rath einzuholcn und ohne diesen nichts zu beschließen. Er verhieß,