V. Der Norden und Nordosten Europas. 611 Beschluß gefaßt, den alten Krieg zu erneuern und sich in das unbesonnene Wag- 8-br. issr. niß zu stürzen, welches das Reich an den Rand des Abgrundes bringen sollte. Die Vorwände des Kriegs waren ziemlich unbegründet; die Beschwerden betrafen den Schutz, den der verbannte dänische Graf Korsiz Uhlefcld am schwedischen Hofe für seine landesverräthcrischcn Umtriebe gefunden, die Vorenthaltung einiger streitigen Stücke Landes, die Beeinträchtigung des Sundzolls durch Anlegung neuer Zolls und Ein- schmuggelung fremder Maaren unter schwedischer Flagge und dcrgl. Die beste Ent schuldigung des unüberlegten Vorgehens lag darin, daß man einen über kurz oder lang doch unvermeidlichen Krieg bei Benutzung der jetzigen Bedrängnisse des Gegners unter den günstigsten Auspicien beginne. Der Angriff begann zugleich von verschiedenen Seiten. Eine dänische Flotte blockirte Gothcnburg und andere schwedische Häfen, um den Handel zu sperren; Karls'x^' gleichzeitig rückten dänische Heere in Holland und in Bremen ein. In Schweden zünmU. war man keineswegs überrascht und hatte die Vertheidigungsanstalten nicht ver nachlässigt; der Reichsdrost Graf Brahe organisirte die Gegenwehr und rief die Bauernschaften unter Waffen; Stenbock, ein trefflicher Feldherr, kam aus dem Polenkriege heran und leitete die Operationen in Holland und Schonen; gleich- wphl hatten die Dänen auf diesem Theil des Kriegstheaters das Uebergewicht, und auch von Norwegen aus machten sie in den Herbstmonaten siegreiche Fort schritte in Jemtland und Herjedalen. Allein die Entscheidung mußte sich jenseits des Meeres vollziehen. Der König Karl X. hatte bei der ersten Nachricht von den dänischen Feindseligkeiten den unfruchtbaren polnischen Krieg im Stich ge lassen ; sein kühner Muth wurde auch durch d« neue Gefahr nicht niedergebeugt. Mit wenigen tausend Mann Kerntruppen zog er in Eilmärschen nordwärts und stand bald an der holsteinischen Grenze. Während General Wrangel die Feinde 3un wsi. aus dem Bremischen jagte, unterwarf der König selbst fast ohne Schwertstreich August, ganz Holstein, Schleswig und Jütland; ein Feldzug von wenigen Wochen ge nügte, um die Ueberlcgcnheit der schwedischen Waffen aufs Reue darzuthun. Bestürzung und Schreck bemächtigte sich aller Gemüther. Auch die starke Festung Fridericia wurde mit stürmender Hand genommen, eine außerordentlich kühne Waffenthat. Der Kern des dänischen Reichs aber war nicht das Festland, son dern die Inseln. Den Feind hier, in seinem Herzen zu treffen, war das kühne Ziel des rastlosen Schwedenkönigs; es drängte ihn um so mehr, eine Entschei dung herbeizuführen, als die Gefahr von Seiten der verbündeten Polen, Oester reicher und Brandenburger mit jedem Tage wuchs. Mit dem Uebergang auf die Inseln zu warten, bis die bessere Jahreszeit die Schiffahrt gestattete, schien dem raschen Schwedenkönig zu langwierig; die den Belt. Strenge des Winters gab ihm einen Plan von unerhörter Kühnheit ein. Ueber das Eis des kleinen Belt südlich von Middelfart wurde in den letzten Tagen des Januar der Uebergang nach Fünen bewerkstelligt, trotzdem vom gegenüberliegen- Jan. i«s8. den Vorgebirg Jvernaes aus die Dänen ein heftiges Feuer eröffnet«: und unter zwei Schwadronen das Eis zusammenbrach. Das dänische Heer auf Fünen 39*