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584 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. lcrs gegen die Rheinpfalz. In wenigen Wochen wurden Kaiserslautern, Alzei, Neustadt und Oppenheim besetzt, die schutzlosen Reichsstädte Worms, Speyer, Mainz zur Aufnahme französischer Besatzungen gezwungen. Als am 21. Oktober Philippsburg sich vertragsweise ergab, vereinigten sich beide Abthcilnngcn und drangen in das Herz der Kurpfalz vor. Nachdem Mannheim und Frankenthal Ncv. iss«, zux Uebergabe gezwungen, nahm der Dauphin mit dem Generalstab seinen Auf enthalt in dem von dem kurfürstlichen Hofe verlassenen Heidelberg. Während des Winters wurden die Ortschaften im Neckar- und Rheingebiet besetzt; weit in das südwestliche Deutschland streiften französische Hcerabtheilungen. mit dem neuen Jahre änderte sich die Lage. Im Dccember suchte eE. Jacob II. in St. Germain eine Zufluchtsstätte und Wilhelm von Oranie» komm nunmehr die englischen und holländischen Streitkräfte wider Frankreich wenden. Febr. issg, J„ Regensburg und Wien wurde der Krieg gegen den Reichsfeind erklärt; deutsche Truppen richteten ihren Marsch gegen den Rhein. Da konnten die französischen Heere die ausgcsctzten Posten und kleinen Plätze nicht behaupten; sie mußten sich auf eine nähere Vertheidigungslinie zurückziehen, auf die größeren Festungen sich beschränken. Und nun wurde jene barbarische Maßregel angeweudet, welche den französischen Namen für alle Zeiten mit Haß und Schmach bedeckt hat. Um den Feinden das Eindringen in Frankreich unmöglich zu machen, wurde in Ver sailles der Beschluß gefaßt, durch Verheerung der Rheingegcnde» eine Wüstenei zwischen beiden Reichen zu schaffen. Louvois schrieb an den Marschall Duras: es sei des Königs Wille, daß alle Orte und Plätze, welche den Feinden zuM Aufenthalt oder zu Winterquartieren am Rheine dienen oder den französischen Plätzen an diesem Flusse zum Schaden gereichen könnten, zerstört werden sollten. Diesem Befehl eines hartherzigen Ministers und eines tyrannischen Königs »<lo dreier Io Ualatinat« wurde mit unerhörter Grausamkeit Folge gegeben. Vor der Kriegsräson verschwand jede Rücksicht der Menschlichkeit. Wie Mordbrenner fielen die wilden Schaaren über die blühenden Dörfer an der Bergstraße, über die reichen Städte am Rhein, über die Ortschaften der südlichen Pfalz her und verwandelten sie in Aschenhaufen. Der gesprengte Thurm des Hejdelberger Schlosses ist noch jetzt ein stiller Zeuge von der Barbarei, mit der Melac und andere Anführer die Befehle einer grausamen Regierung vollzogen. Elisabeth Charlotte, die sich als Ursache zu dem Ruin ihres Vaterlandes betrachtete, brachte in lautem Weinen die Nächte zu und sprach ihren Schmerz in zahllosen deutschen Briefen aus. Vom März bis tief in den Sommer, hinein dauerte das Werk der Zerstörung. Heidelberg ging zum Theil in Flammen auf, nachdem die Neckarbrücke in die Luft gesprengt worden; Rohrbach, Wiesloch, Kirchheim, Baden, Bretten, Rastatt, Pforzheim u. a. O. wurden niedergebrannt, Hand- schuchsheim, Ladenburg, Dossenheim, Schriesheim erholten sich nie wieder ganz von den Verheerungen, womit sic der „allerchristlichste" König heimsuchte; vom Haardtgebirge bis zur Nahe — Frankenthal, Alzey, Kreuznach — rauchte»