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436 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. des Schweigers (XI, 620). Nach dem Tode Bethlens vermochte sich die Fürstin Katha rina nicht lange in der Würde zu behaupten. Sie trat freiwillig zurück. Rakmy u Unter den Parteikänipfcn, von denen nun das Land aufs Neue verwirrt wurde, p n. Okt. bahnte sich Georg Rakoczy den Weg zur Herrschaft. Er wandte sich von Oesterreich ab und erkannte den türkischen Sultan als „Erhalter und Schutzherrn" von Siebenbürgen an. Die Stände legten ihm die Pflicht auf, der Pforte treu zu bleiben, „da die teutsche Hülf, weil cs ein langsam Volk, zu fern liege". Während Ferdinand II. gegen die evangelischen Reichsstände in Deutschland, gegen die Schweden und Franzosen ine Kampfe lag, war sein Sohn gleichen Namens König von Ungarn. Unter ihm wußten die Jesuiten die Kunst recht auszufinden, „die politische Existenz der «katholischen Partei langsam aber sicher und mit vielem Schein von Rcchtsformen zu zernichten". Die 1637. katholischen Stünde erklärten in demselben Jahr, da Ferdinand III. auch im Rcichs- rcgimente seinem Vater uachfolgte, auf einem Reichstag in Prcßburg, daß der Wiener Friede den Protestanten zwar freie Rcligionsübung gewähre aber keine Kirchen, und nahmen an allen Orten, wo die Altgläubigen die Oberhand hatten, die Gotteshäuser in ausschließlichen Besitz. Eine verbitterte Stimmung gegen Oesterreich verbreitete sich immer weiter in Ungarn, gerade als die Erbländer Habsburgs durch Torstensson ins Gedränge kamen (XI, 1000) und Rakoczy, der sich mehr und mehr bei der hohen Pforte in Gunst zu setzen wußte, damit umging, seine Herrschaft über Ungarn auszudehncn und in seiner Dynastie erblich zu machen. Er erreichte seinen Zweck. Im Jahr 1642 er wählten die Sicbenbürgischcn Stände seinen Sohn gleichen Namens zum Fürsten. Als dieser im nächsten Jahr die Erbin aller Bathorischcn Güter heimführte, war die Familie Rakoczy die reichste in ganz Siebenbürgen und Ungarn. Damals schrieb der Palatin Jan. l«4S. Esterhazy an König Ferdinand III.: „Die Abneigung der Landeseinwohner wird dauern, bis ihren Klagen und ihren aus den Rcichsverordnungcn geschöpften Forde rungen genug gcthan ist; bis dahin ist von ihnen nichts Anderes als Unruhen zu er warten ; denn was ihnen auch immerhin vorgelegt werden mag. sic kommen in ihren Bcrathungen schleunig davon ab und brechen in Klagen aus, daß sie sowohl in Ncli- gionssachen als in ihren übrigen Freiheiten gekränkt und beunruhigt würden, von allem dem aber, was ihnen versprochen, in den Gesetzartikeln beschlossen, von Sr. Majestät in der Capitulationsurkunde angenommen worden, gar nichts erfüllt sei; weshalb die Sachen endlich dahin kommen würden, daß die Nation entweder gänzlich untcrgche, oder daß irgend eine schreckliche Acndcrung sich gewaltsam Bahn breche. Cr, der Pa latin, habe dies schon oft gesagt, aber die Schwierigkeiten würden nicht gehoben, sondern alle Rathschläge auf gelegenere Zeit verschoben; unterdessen nehme aber Zwiespalt, Verwirrung und die Gereiztheit der Gemüther auf furchtbare Art überhand". — Am Wiener Hof fanden diese Vorstellungen kein Gehör; und selbst wenn man hätte Abhülfe i6«i. gewähren wollen, wäre es schon zu spät gewesen. Denn mit Anfang des neuen Jahres brach Rakoczy, nachdem er mit den Schweden und Franzosen ein Bündniß geschlossen und sich der Freundschaft der Pforte versichert hatte, mit Hcercsmacht in Ungarn ein. Von dem protestantischen Adel als Retter empfangen und zum Fürsten von Ungarn ausgerufen, erklärte Rakoczy, daß er der Nation zur Herstellung ihrer politischen und religiösen Freiheit verhelfen wolle. Zu keiner Zeit konnte dem Kaiser ein Krieg in Ungarn ungelegener kommen als damals. Wir wissen, welche drohende Stellung Torstensson nach dem dänischen Feldzug von Neuem gegen die österreichischen Staaten cinnahm (XI, 1003s.); Ferdinand suchte daher mit dem Sicbenbürgischcn Fürsten und den ungari schen Unzufriedenen möglichst bald ein Abkommen zu treffen und willigte, als Rakoczy durch die Drohrede des Sultans Ibrahim erschreckt sich auf Unterhandlungen einließ, in Sept. io«, dem Frieden von Linz nicht nur in die Abtretung von fünf ungarischen Comitatcn