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III. Frankreich im Innern. 415 als gelehrte und beredte Bischof Bossuet von Mcaux, setzten alle Mittel in Bewegung, um Frankreichs kirchliche Einheit zu begründen. Mil den Ermahnungen der Geistlichen „an ihre Brüder von der calvinistischcn Secession", abzulasscn von dem Schisma und zur nationalen Kirche zurückzukchrcn, waren Drohungen verbunden gegen diejenigen, die hartnäckig bei ihren Jrrthümern beharren würden. So mächtige Hebel konnten nicht ohne Wirkung bleiben. Der Adel brachte großcntheils seinen Glauben und seine Traditionen der Hofgunst und dem Willen des Souveräns zum Opfer; unter dem geringen Volke ließ sich Mancher durch Geld zum Besuche der Messe bewegen, was die Jesuiten, Fanatiker und Frömmler zu täuschenden Beweisen für die leichte Ausführbar keit einer kirchlichen Einigung benutzten; aber der wohlhabende Bürgerstand, der Kern der calvinischcn Confcssion, widerstand allen Lockungen. Bei ihm galt cs für eine Ehrensache, um keines Vorthcils willen noch wegen irgend eines Verlustes die Religion zu wechseln. Auf einer geheimen Zusammenkunft mehrerer Abgeordneten aus Langue doc, der Dauphine und den Sevcnncn in Toulouse beschloß man sestzuhaltcn an dem Sunt r«ss. Glauben der Väter und Gott nach der alten Weise zu dienen wo und wie cs geschehen könne. Ohne Waffen versammelten sie sich auf den Trümmern ihrer Kirchen, um zu beten und Bußpsalmen zu singen, oder erbrachen die Thüren von solchen, die noch stan den aber verschlossen waren. Dieser glaubcnstrcue ehrenfeste Bürgerstand konnte nur mit Gewalt bezwungen werden, und auch dazu war Louvois, der seit dem Tode Colberts jS. 405.) die entscheidende Stimme im Conseil führte, fest entschlossen. Schon iin Jahre 1681 hatte der Kricgsnünister dem harten und grausa-D^rago- inen Intendanten von Poitou, Marillac ein Reiterregiment zugeschickt, um mit telst Einquartierung die Bekehrungen nachdrücklicher zu betreiben. Einige Zeit nachher brachte Foucault, Intendant von Bearu durch Richtersprüche und militä rischen Terrorismus die sämmtlichcn Kirchen in dem Heimathlande Heinrichs IV. zu Falle, ließ dann im Lande der Wehklage Freudenfeuer anzüuden und ein Tedenm nnstimme». Dieses Gewaltverfahren wurde bald weiter ausgedehnt und führte zu den „Dragonaden", einer der dunkelsten Seiten in der Leidensgeschichte der Menschheit. Der zwanzigjährige Waffenstillstand mit Holland und dem deut schen Reiche enthob die französische Regierung jeder Rücksichtnahme auf das pro testantische Ausland. Nun glaubte Louvois durchgreifender zu Werke gehen zu dürfen, um die Reformirteu, welche, wie mau den König glauben machte, nur aus Trotz und Eigenwilligkeit die Absonderung aufrecht erhielten, zum Gehorsam und zur Unterwerfung zu zwingen. Zu dem Zweck wurden Reiter in die süd lichen Landschaften au den Pyrenäen, der Garonne und der Rhone gesandt, welche die gemischten Orte besetzten und ihre Herberge in den Wohnungen der Hugenot ten nahmen. Es wäre ermüdend und erschütternd, alle die Peinigungen, die Gewaltthätigkeiten, die Trugkünste aufzuzählen, womit man die Gewissen be drängte, die heiligsten Menschenrechte verletzte, die irdische Wohlfahrt und den Frieden der Seele vernichtete, damit in Zukunft in Frankreich Ein Hirte und Eine Heerde sein möchte. Generale und Intendanten vereinigten sich mit den Missionaren zu dem Schrcckcnswerke der Tyrannei und des Fanatismus, die ganze ungeheure Macht der Monarchie legte sich aufs Bekehren. In der Dauphine, wo die Mißhandelten in der Verzweiflung zu einem Akt der Nothwchr gegriffen,