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412 I). Das Zeitalter Ludwigs XIV. ^auf"-m MW Jnnocenz XI. bcharrtc bei seinem Sinn: er weigerte sich den Er- sckn«'mo" die geistliche Investitur zu ertheilen. „Die Einkünfte mochten sie genie sten, aber die Ordination empfingen sie nicht, einen geistlichen Akt des Episko pats durften sie nicht ausüben". Nach einigen Jahren gab es in Frankreich fünf- unddrcißig Bischöfe ohne päpstliche Bestätigung. Der französische Klerus hielt fast ausschließlich zur Krone, selbst der Jesuitenorden trennte seine Sache dies mal von Rom, theils aus Opposition gegen die janscuistisch Gesinnten, theils aus Herrschsucht. Denn der „Gcwissensrath" oder das geistliche Ministerium, von welchem hauptsächlich die Besetzung der Prälaturen entschieden ward, stand durch den königlichen Beichtvater Pere la Chaise unter dem Einfluß des Ordens. Das katholische Frankreich schien auf dem Wege zu einem Schisma begriffen. Und gerade jetzt wurden die entscheidenden Schritte gethan, das Königreich von den letzten Resten der abweichenden Religions- und Cultusformen zu reinigen, welche durch die calvinische Reformation in den Tagen der Väter begründet wor den, das Edikt von Nantes, durch das einst Heinrich IV. den religiösen und bürgerlichen Frieden hergestcllt, aus der Welt zu schaffen. Vielleicht sollte der Gewaltstreich den ängstlichen Gewissen die Beruhigung geben, daß durch die vier Artikel die katholische Rechtgläubigkeit keinen Schaden nehme. v. Aushebung des Edikts von Nantes und Hugenottenversolgungen. unt^-c-lvi' Roch war der Streit zwischen dem Machthcrrschcr in Paris und dem kirch- »ische L-Hrc. lichen Oberhaupt in Rom nicht ausgeglichen; noch schwebten neue Gewaltmaß- rcgeln gegen Portroyal und die Jansenistcn in der Luft; als der schon lange vor bereitete Schlag der Vernichtung gegen die Hugenotten geführt ward. Das cal vinische Wesen mit seinen republikanischen Ideen von gemeindlicher Selbstrcgic- rung, mit seiner Sittenstrenge und Kirchcnzucht, mit seiner Richtung zu einem ernsten enthaltsamen Leben in separatistischer Abgeschlossenheit stand in grellem Ge gensatz zu der monarchistisch-kirchlichen Uniformität, in der sich nach Ludwigs Ideen Reich und Nation bewegen sollten, zu der ganzen Vorstcllungswelt, den Anschauungen und gesellschaftlichen Formen, die er seinem Zeitalter aufprägen wollte. Daher war er auch von Anfang seiner Regierung auf Mittel bedacht, die hugenottische Glaubensgemeinschaft zu der allgemeinen Kirche Frankreichs zurückzuführen, die katholische Einheit, welche die Bekenner der „sogenannten re- formirten" Confession unterbrachen und störten, wieder aufzurichten. Deröömg Die Treue und Ergebenheit, welche die Hugenotten während des Kriegs der Fronde Hugenotten* bewiesen, brachte ihnen im Anfang der Regierung Ludwigs eine günstigere Stellung. Das Edikt von Nantes wurde aufs Neue gewährleistet, die Strenge der Parlamente gemildert, der Bau neuer Kirchen gestattet. Im I. 1659 bewilligte Mazarin die Abhaltung einer Provinzialsynodc, was seit vielen Jahren nicht mehr geschehen war. Man erlaubte ihnm den Zutritt zu einigen Staats- und Communalämtern. Aus den Akademien in Montauban, Sedan, Saumur wurde auch von protestantischen Theo-