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II. Frankreich, die span. Niederlande u. die Generalstaaten. 395 getreten sei. Wie sein französischer Zeitgenosse in der Geschichte als der „große Evnde" bezeichnet wird, so erhielt seitdem Friedrich Wilhelm den Beinamen der „große Kurfürst". Der Abzug des Brandenburger Heeres machte sich am Rhein bald fühlbar. Tr-ff-n bei Wie tapfer immer der kaiserliche Feldmarschall Montecuccoli, der seit der Ver- Weisung des Fürsten Lobkowitz auf seine böhmischen Besitzungen freiere Hand und mehr Autorität über die gcsammte RcichSarmce hatte, dem französischen Gegner widerstand; er konnte nicht verhindern, daß Turcnne abermals den Strom überschritt und das deutsche Ufer vom Breisgau bis zum Neckar furchtbar verheerte. Aber diese Erfolge wurden ausgeglichen durch das Treffen bei Gaß bach, wo Turennc beim Recognosciren durch eine Kanonenkugel getödtet ward, ein Verlust, der für die Franzosen empfindlicher war als die erlittene Niederlage. Die ganze Nation betrauerte den Fall des großen Mannes, des Meisters der da-^renn-^ maligen Stratcgik. Turcnne galt für den eigentlichen Begründer der neueren auf um fassenden Combinationen und Plänen und auf wohl berechneten Märschen und Stellungen beruhenden Kriegskunst. Mit diesen Feldherrngaben verband er politischen Scharfblick und eine begeisterte Hingebung an das unbeschränkte Königthum, an dessen Begründung er selbst so thätig mitgewirkt, und an Frankreichs nationale Ehre und Größe. „Er war einer von den Menschen", sagt Ranke, „die in der Mitte einer großen und weltum fassenden Thätigkeit, in der Anschauung großer Ziele sich selbst verschwinden. Eben mit dieser Monarchie aber und ihrem Emporstreben hatte er sein ganzes Leben und Sein identificirt." Selbst sein Uebertritt zum Katholicismus mag aus der Gewohnheit ent sprungen sein, sich dem Ganzen unterzuordncn. Bescheiden und von angcborncr Hu manität und Milde, kannte er doch, wo der Vortheil des Staats oder der Zweck des Krieges harte Maßregeln zu fordern schien, so wenig Erbarmen wie Louvois. Es wurde erwähnt, welche Verwüstungen er über die Rheinpsalz verhängte. An Turcnncs Stelle übernahm Conde den Oberbefehl über die Rhcinarmec. Doch konnte er nicht verhindern, daß die Deutschen wieder auf das linke Ufer übersetzten, sich in Lautcrburg behaupteten und Philippsburg eroberten. Bon Gichtlcidcn geplagt nahm der Prinz bald darauf seinen Abschied und starb zehn Jahre später auf seinem Landgut Chantilly. Zugleich gewann auch Karl von Lothringen einige Vortheile im Felde. Nach dem siegreichen Treffen bei Konz, am Einfluß der Saar in die Mosel, über" Ercqui brachte er Trier zur Ucbergabe und führte den Marschall selbst in Kriegs- f^ug. gefangenschaft. Mit dieser rühmlichen Waffenthat schied der alte Haudegen, der so oft bald als regierender Fingt, bald als Flüchtling unter der Fahne des Reichs oder in den spanisch-österreichischen Heeren gedient, vom Schauplatz. Seines Bruders Sohn Karl V., der sich in der Folge mit des Kaisers Schwester Leonore vermählte, war der Erbe seines Namens, seiner Ansprüche und seines Hasses gegen Ludwig XIV., der ihm nicht blos sein Land vorenthielt, sondern ihm auch bei der Bewerbung um die Krone von Polen entgegen getreten war. Wie sein Oheim richtete auch Karl V. seinen Sinn auf die Wicdcrerobcrung seines Herzogtums, aber mit eben so wenig Erfolg. Der aus der Gefangenschaft befreite Cregui schlug unter furchtbarer Verheerung der Landschaften an der Mosel und Saar,