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392 I). Das Zeitalter Ludwigs XIV. das feindliche Lager zu umgehen, um die französische Grenze zu gewinnen. Da wurde aber das verbündete Heer plötzlich von Conde im Rücken angegriffen und es ereignete sich bei dem Dorse Sen es eine der blutigsten Schlachten des ganzen "-Aus-Krieges. Schon war der spanische Theil gänzlich aufgerieben; schon hatte auch der niederländische, da de Touches mit seiner Hülfe zögerte, großen Schaden ge nommen, als bei einer Erneuerung des Kampfes durch die vereinigten kaiscrlich- oranischen Truppen, der noch in die monderlcuchtete Nacht hinein fortgesetzt ward, sich das Schicksal wendete und die Verbündeten im Vortheil blieben. Doch war die Schlacht unentschieden; beide Thcile behaupteten ihre Stellungen auf dem Waffenfelde und jeder schrieb sich den Sieg zu. Aber die Verluste waren für die Einen wie für die Andern so groß, daß man auf keiner Seite mehr etwas Entscheidendes zu unternehmen wagte. Die Verbündeten gaben den Plan, über die französische Grenze zu rücken auf. Im nächsten Jahr bemächtigte sich Lud wig der ganzen Maaslinie, indem er die Festungen Huy, Lüttich und Limburg theils durch Waffen thcils durch Geld in seine Gewalt brachte. Die öden Mauern des Limburger Schlosses sind noch jetzt ein stummer Zeuge der barbarischen Kricgs- weise jener Tage. Seitdem konnte von einem Vordringen nach Frankreich von Norden her keine Rede mehr sein. so eifriger trachteten die Verbündeten sich von Osten her de» Weg offen Elmß und m zu halten und insbesondere dem Reiche die Stellung im Elsaß zu bewahren, die ^ ihm in dem westfälischen Frieden gesichert worden. Schon im Anfang des Krie ges hatte Conde die Rheinbrücke bei Staßburg in Brand gesetzt; nun wurden Anstalten getroffen, das ganze Land unmittelbar an die Krone Frankreich zu bringen. Die zehn kleinen Reichsstädte, deren Reichszugehörigkeit bei der Ueber- lassung des Landes an Frankreich Vorbehalten worden war, bewahrten noch immer mit der deutschen Art, Sitte und Sprache auch die Anhänglichkeit an Kaiser und Reich. Die städtischen Beamten, Magistrate und Zunftmeister leisteten noch im mer den Eid der Treue wie auf der rechten Seite des Stromes. Diese gethcilte Herrschaft wollte Ludwig XIV. nicht länger dulden. In Hagenau, Colmar, Schlettstatt u. a. O. wurden die Bande, die an Kaiser und Reich knüpften, allmählich zerschnitten, die Sonderrechte, Eidesleistungen, Befreiungen und Aus nahmen, die noch eine gewisse Autonomie verriethen, wurden abgeschafft, die Bürger entwaffnet, die Festungswerke abgetragen. Damit diese Vergewaltigung durchgeführt werden konnte, mußte das Rcichsheer fern gehalten werden. Und Tiirenne. dazu war Niemand geeigneter als Turenne, der große Feldherr, der seit cincin Menschenalter mehr als irgend ein Mann für die Macht und Herrlichkeit des französischen Königthums eifrig und erfolgreich gewirkt hatte, dem nichts höher stand als der Ruhm des Monarchen und die Größe der Nation und der über sein Heer fast mit souveräner Gewalt gebot. Denn er besaß in gleichem Maße das Vertrauen des Königs, in dessen politische und militärische Pläne er ringe' weiht war, wie die Ergebenheit und treue Anhänglichkeit des Heeres, das er durch