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II. Frankreich, die span. Niederlande u. die Gcneralstaaten. 381 Hand gelegt. Durch äußere Freundlichkeit und Zuvorkommenheit gegen de Witt und den holländischen Staatsrath suchte man alles Mißtrauen zu verscheuchen: der gewandte Diplomat Pomponne, dem Ludwig den Gesandtschaftsposten im Haag übertrug, wurde nicht müde, den Rathspensionär der wohlwollenden Ge sinnung seines Herrn zu versichern und des alten Bundcsverhältnisses zu gedenken. Zugleich suchte derselbe aber den Dreistaatenbund zu sprengen, durch welchen die Republik im Frieden von Aachen ihre schiedsrichterliche Autorität errungen hatte. Noch im Mai 1669 war Spanien nach längerer Weigerung vermocht worden, M-i uie». an Schweden die Subsidien zu zahlen, welche die Verbündeten demselben als Preis seines Beitritts zugcsichert hatten; de Witt konnte also glauben, daß das Bündniß der drei Mächte auf längere Zeit fortbestehen werde. Und doch war bereits ein mächtiger Keil eingctrieben. Die selbstsüchtige Aristokratie in Stock holm, die während Karls XI. Minderjährigkeit das Regiment führte, wider stand nicht lange den Lockungen, die ihr Frankreich darbot. Als Pomponne vom Haag nach Stockholm verseht ward, um dort seine diplomatische Kunst zu ent falten, meldete ihm der französisch gesinnte Reichskanzler Magnus de la Gardie mit freudestrahlenden Augen, daß es ihm gelungen sei, den Reichsrath zu be-^°». reri. wegen, die alte Allianz mit Frankreich zu erneuern. Die ansehnlichen Hülfs- gelder, die man in Paris in Aussicht stellte, verfehlten nicht ihre Wirkung auf die habgierigen Seelen der Großen. Auch verlangte man vor der Hand keine thatsäch- liche Mitwirkung. Schweden sollte sich nur jeder Einmischung und Hülfeleistung enthalten, wenn der König von Frankreich die Republik mit Krieg überziehe, und falls man etwa von Deutschland auS den Generalstaaten bewaffneten Beistand gewähren würde, den Zuzug von Truppen verhindern. Der geheime Theilungs- vertrag mit dem Kaiser, die französischen Sympathien des von Ludwig durch Jahrgelder gewonnenen österreichischen Ministers Lobkowitz, die Verbindungen und Jntriguen, welche man von Versailles aus mit den meisten deutschen Fürsten höfen angeknüpft halte, und die Thätigkeit vaterlandsloser Satelliten an so vielen Orten, das Alles ließ kein energisches Eingreifen von Seiten des Reichs befürchten. Zudem war Kaiser Leopold, dessen Blicke nur auf das Nächstliegende gerichtet waren, zu sehr mit den Angelegenheiten in Ungarn beschäftigt, als daß er den kriegerischen Unternehmungen des Schwagers in Westen Einhalt hätte gebieten sollen. Der kluge Gesandte Gremonville und seine erkauften Parteigänger wußten den be schränkten Kaiser zu der Ueberzeugung zu bringen, daß die Ehre und das Inter esse des Habsburger Hauses ihm gebiete, auf die Seite Frankreichs gegen die ab trünnigen Niederlande zu treten; oder sollte er etwa für ein ketzerisches Volk gegen den Schirmhcrrn der katholischen Kirche ins Feld ziehen? Es fiel dem gewandten Diplomaten nicht gar schwer, den Kaiser zu dem Versprechen zu bewegen, daß er sich in einen Krieg, zu dem sich der König von Frankreich gegen Holland veranlaßt finden sollte, nicht einmischen werde. Und was war von dem zwie- trächtigen in kleinlichen Streithändeln und eifersüchtigen Rivalitäten begriffenen